Rheinpfalz Neue und alte Hausaufgaben

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MAINZ. Für die Bildungspolitiker war die mit der Landtagswahl am 13. März zu Ende gehende Wahlperiode eine eher ruhige und unspektakuläre Zeit. Die 2009 begonnene Zusammenlegung von Realschulen und Hauptschulen zur neuen Schulform Realschule plus wurde zu Ende geführt, der Ausbau von Ganztags- und Gesamtschulangebot fortgesetzt. Von der Erweiterung des kostenlosen Schülertransports abgesehen, standen teure Versprechungen oder gar große Reformen nicht auf der Tagesordnung. Dennoch hat natürlich auch die Bildungspolitik ihre Baustellen, die aller Voraussicht nach auch den neuen Landtag beschäftigen werden. Unterrichtsausfall Der Unterrichtsausfall in den Schulen ist ein Dauerthema der Landespolitik. Regelmäßig fordern Eltern, Lehrerverbände und die CDU-Opposition im Landtag, mehr Lehrkräfte einzustellen. Im laufenden Schuljahr fallen in den Berufsbildenden Schulen durchschnittlich 3,1 Prozent der planmäßigen Schulstunden aus, weil Lehrerstellen fehlen oder nicht besetzt sind. In den allgemeinbildenden Schulen liegt das Defizit bei 1,4 Prozent und damit nur noch knapp über dem Wert von 1,2 Prozent, den Bildungsministerin Vera Reiß (SPD) als Zielmarke für das Ende der Wahlperiode gesetzt hatte. Um die angestrebten Werte zu erreichen, musste das Ministerium Sparpläne und pädagogischen Ziele revidieren. Bei sinkender Bevölkerungszahl gehen auch die Schülerzahlen zurück. Deshalb sollten nach und nach 2800 freiwerdende Lehrerstellen nicht mehr besetzt werden, um Geld zu sparen. Inzwischen schrumpfen die Schülerzahlen nicht mehr so stark, wie noch 2012 prognostiziert. Der Lehrerabbau ist ausgesetzt und liegt schon mehr als 400 Stellen „unter Plan“. Um doch noch zu sparen, hat Reiß die angekündigte Verkleinerung der Klassen in der Orientierungsstufe von Gymnasien und Gesamtschulen auf Eis gelegt. Schüler aus Flüchtlingsfamilien Der wichtigste Grund für die Verlangsamung des Schülerschwunds: Es kommen immer mehr Kinder aus Flüchtlingsfamilien, aber auch von Zuwanderern aus dem EU-Ausland in die Schulen. Nach Angaben des Bildungsministeriums haben von den knapp 418.000 Kindern und Jugendlichen, die eine allgemeinbildende Schule in Rheinland-Pfalz besuchen, 72.400 einen Migrationshintergrund (Stand Ende September 2015). Anfang des laufenden Schuljahres saßen mehr als 4100 junge Menschen in einen der 300 Intensivkurse Deutsch, in denen sie fit gemacht werden sollen, um am regulären Schulunterricht teilnehmen zu können. Ein erfolgreicher Schulbesuch ist Voraussetzung für die Integration der Kinder in die deutsche Gesellschaft. Das wird die Schulen und Kindergärten sowie die Bildungspolitik auf absehbare Zeit erheblich fordern. Inklusion Seit 2014 können Eltern behinderter Kinder frei wählen, ob ihr Sprössling an einer Regelschule, also an einer sogenannten Schwerpunktschule, oder an einer Förderschule unterrichtet werden soll. An diesen Schwerpunktschulen soll das gemeinsame Lernen von behinderten und nichtbehinderten Kindern gefördert werden (Inklusion). Seit der Neuregelung ist die Anzahl der Schwerpunktschulen auf 277 weiter erhöht worden. Nach Angaben des Bildungsministeriums besuchen inzwischen knapp über 30 Prozent der Kinder mit festgestelltem Förderbedarf eine solche Schule. Opposition und Lehrerverbände kritisieren, viele Schwerpunktschulen seien nicht gut genug ausgestattet, um einen inklusiven Unterricht anbieten zu können, der den behinderten und den nichtbehinderten Kindern gleichermaßen Gewinn bringt. Bezahlung der Lehrer Daneben hat das Bildungsministerium in den Schulen natürlich noch viele kleinere Baustellen. Eine davon könnte allerdings teuer werden: Es geht um die Lehrerbezahlung. In den Realschulen plus arbeiten mehr als 3000 frühere Hauptschullehrkräfte, die schlechter entlohnt werden als ihre Kollegen aus den früheren Realschulen. Der Unterschied macht im Schnitt 400 Euro monatlich aus. Auf Betreiben der Lehrergewerkschaft VBE hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass das so auf Dauer nicht bleiben kann. Jetzt müssen alle Ex-Hauptschullehrer die Chance einer vereinfachten Aufstiegsprüfung bekommen. Die ersten 550 Betroffenen haben sich bereits zur Prüfung angemeldet. Geld für die Beförderung steht allerdings noch nicht im Haushalt. SPD und Grüne haben auf die Jahre nach 2016 vertröstetet. Es geht um bis zu 4000 betroffene Lehrkräfte und Mehrkosten für die Landeskasse von bis zu 20 Millionen Euro jährlich. Die Lage an den Hochschulen Für Kritik und Diskussionen sorgt immer mal wieder die Ausstattung der Hochschulen im Land. Diese seien gut aufgestellt, sagt Ministerin Vera Reiß. In den zurückliegenden Jahren habe die Landesregierung die Finanzierung der Hochschulen kontinuierlich verbessert. Zuletzt seien 25 der 35 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt worden, die durch die Übernahme der Kosten aus dem Bundesausbildungsförderungsgesetz durch den Bund freigeworden sind. Damit seien unter anderem 200 weitere dauerhafte Stellen geschaffen worden. Im Haushalt 2016 stünden den Hochschulen erstmals mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung (plus 8,3 Prozent.). Die CDU-Opposition hingegen sieht das anderes und fordert mehr Geld für die Hochschulen. Auch viele Studenten sind mit den Studienbedingungen nicht zufrieden. Vor Weihnachten kam es zu wochenlangen Streiks und Protesten von Studierenden am Unistandort Landau. Die jungen Leute klagten unter anderem über überfüllte Hörsäle. Info Nächste Folge: Die Schulden des Landes

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