Kultur Südpfalz Kutschfahrt zu Vivaldi, Pas de deux zu Bach

Die hohe Schule der Musik und des Reitens vereint.
Die hohe Schule der Musik und des Reitens vereint.

Talent und Hingabe braucht man in der Musik ebenso wie im Reitsport. Gerade Klassik und Dressurreiten haben vieles gemeinsam, geht es doch um Tempo, Rhythmus und Taktreinheit, um die Harmonie im Zusammenspiel mehrerer Musiker oder von Pferd und Reiter. Einmal im Jahr bringt der Reiterhof Geiger in Schweighofen live gespielte Musik und Reitkunst zusammen.

Dieses Jahr wurde „Pferd in Konzert“ von der international bekannten Pianistin Martina Cukrov Jarrett und dem Kammerorchester der Kreismusikschule Südliche Weinstraße unter Leitung von Marc Bender begleitet. Christina Klein führte durch das Programm. Es war eine Benefizveranstaltung für die Kinderkrebshilfe. Die Auswahl der Musikstücke war so abwechslungsreich wie die gezeigten Vorführungen mit, am und auf dem Pferd. So passte der erste Satz aus einem der Violinkonzerte Vivaldis gut zu Cantador, der elegant eine offene vierrädrige Kutsche durch die Halle zog. Tatjana Früh, Spezialistin für die Ausbildung von Pferden, zeigte hier, dass Fahren eine Kunstform sein kann. Als sattelfest in ganz unterschiedlichen Epochen und Stilrichtungen erwies sich das Kammerorchester, das Vivaldi ebenso wie den legendären Libertango von Piazzolla mit lebendig pulsierender Rhythmik versah. Zum Libertango zeigte Otto Geiger auf dem Lusitano-Hengst Brandymel souverän die hohe Schule der Reitkunst, mit Piaffen, Traversalen und fliegendem Wechsel im Galopp. Bis das alles so selbstverständlich und mühelos aussieht, ist es ein weiter Weg für Pferd und Reiter. Zum Canon von Pachelbel stellte die Hausherrin die fünfjährige Stute Havanna vor, die als so genannte Remonte ein Pferd in der Ausbildung ist. Havanna wirkte völlig entspannt, hatte aber auch ihren eigenen Kopf. Pferde sind keine Maschinen, weshalb sich die Zuschauer auf der voll besetzten Tribüne mit dem Applaus gedulden mussten, bis der vierbeinige Star die Halle verlassen hatte. Es wäre schön gewesen, hätte ein Teil des Publikums dann noch die letzten Takte der Musik abgewartet. Amena, Kylie, Faraon und Astro sind die Namen der Pferde, die in einer Quadrille zu den Klängen des Kaiserwalzers ihre Bahnen zogen. Ihre Reiterinnen sorgten dafür, dass Gangarten und Tempi stimmten und ritten die Figuren sauber aus. Der Mensch muss aber nicht immer auf dem Pferd sitzen. Viel Freude hatten die Zuschauer am Auftritt von Hercules und Graf Dracula, zwei Shetland Ponies, die von den hinter ihnen gehenden Mädchen schön parallel geführt wurden. Dazu hatte man ein südamerikanisches Musikstück gefunden. Spannende akrobatische Kunststücke auf der ruhig galoppierenden Gräfin Top präsentierte die Voltigiergruppe des Renn- und Reitvereins in Herxheim. Musikstücke mit und ohne Pferd hielten sich die Waage. Die Möglichkeit, sich ganz auf die Musik zu konzentrieren, lohnte sich. Martina Cukrov Jarrett zauberte in Telemanns d-Moll-Fantasie einem normalen Klavier perlende Läufe und flinke Verzierungen. Im Klavierstück über Prokofjews Ballett „Romeo und Julia“ unterstrich sie die Wucht und die Strenge der spätmittelalterlichen Gesellschaft, an der die verbotene Liebe scheitert. Und sie hob in weichem, zarten Spiel das verspielte Thema hervor, das musikalisch Julias Charakter illustriert. Leuchtende Klangfarben und feine Schattierungen prägten Jarretts sensible Wiedergabe des Intermezzos von Brahms. Ein Höhepunkt, musikalisch wie reiterisch, war das Pas de deux zu Bachs Doppelkonzert in d-Moll. Marc Bender und Gabriel Henriet glänzten in den virtuosen Solopartien des Konzerts, zuverlässig begleitet vom Kammerorchester. Everio und Lantana brillierten samt ihren Reiterinnen in der choreographisch ausgefeilten und perfekt ausgeführten Nummer. Erster Satz Trab, der langsame Mittelsatz wurde im Schritt geritten, zum schnellen dritten Satz gab es Galopp, und in allen drei Gangarten wurde die hohe Schule der Dressur gezeigt. Vollendete Übereinstimmung im Dreiklang von Musik, Pferd und Reiterin strahlte auch das Finale mit Verena Geiger auf Everio aus. Der einzige Wermutstropfen: Das zehnte „Pferd in Konzert“ 2019 soll die Abschiedsgala werden.

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