Kultur Südpfalz Kontinentaldrift anhand der „Brossele in de Kaffeetass“

Bernhard Weller (links) und Götz Valter beherrschen die Kunst, Alltagsthemen bauernschlau und humorvoll aufzuarbeiten.
Bernhard Weller (links) und Götz Valter beherrschen die Kunst, Alltagsthemen bauernschlau und humorvoll aufzuarbeiten.

Zum neunten Mal gastierte das Pfälzer Komikerduo Spitz & Stumpf in „Sunnere, middledrin in de Palz“, wie Friedel Herrn „Wem Sei Sei“, einem Touristen aus Japan in bestem „denglisch“ erläuterte. Ein gelungener Einstieg in einen höchst vergnüglichen Abend in einer rappelvollen Tullahalle. Die beiden Akteure hatten schon gleich zu Beginn das Publikum im Griff und zur Schunkelrunde animiert.

Zum ersten Mal war in Sondernheim eine Vorpremiere zu erleben. Das Programm trägt bisher noch einen Arbeitstitel: „Fisimatenten“. Die Charaktere sind die alten: Friedel Spitz, Ex-Aniliner, (vermeintlich) intelligent und allwissend, der sich als „hochgradiger Consulter des Weingutes Stumpf“ seit nun 24 Jahren auf der Bühne vergeblich bemüht, den Betrieb seines Winzerfreundes Eugen wirtschaftlich auf einen guten Weg zu bringen. Eugen Stumpf, bauernschlau und (über)lebenstüchtig, eher in einfachen Bahnen denkend, kann Friedels geistigen Exkursionen nicht immer folgen und setzt manches in seiner ihm eigenen Logik um. Und die Handlung kreist stets um dieses Bemühen, das Mit- und manchmal auch Gegeneinander der beiden so unterschiedlichen Charaktere. Die Kunst, die Bernhard Weller (Friedel) und Götz Valter (Eugen) bestens beherrschen, besteht darin, auch kleinste Alltagsthemen aufzubereiten und in Pfälzer Comedy allerster Güte umzuwandeln. Das ist sozusagen der Markenkern von Spitz & Stumpf. Das simple Gemüt und Eugens Einfältigkeit bringen Friedel mitunter an den Rand der Verzweiflung, machen ihn „fix und feddich“, führen gar zu einem Nervenzusammenbruch – so überzeugend dargestellt, dass manch ein Zuschauer um Friedels Herzgesundheit gefürchtet haben mag. Bernhard Weller schlüpfte auch in andere Rollen: Er verkörpert den Sprachwissenschaftler, der ausgerechnet Eugen um eine Wegbeschreibung zur Hochschule bittet. Die gestenreiche Diskussion um das „Unnerum“ und Owwerum“ mündet schließlich in einer Erläuterung von Heisenbergs Unschärferelation, die Eugen auf seine eigene Art populärwissenschaftlich und „uff Pälzisch“ zusammenfasst. Die humoristisch veranschaulichten Unterschiede zwischen „ditsche oder dunke“ und „noi brockele un schlotze“ regten Weller – diesmal in der Rolle eines oberschlauen Schwoobs – dazu an, die Theorie der Kontinentaldrift anhand der „Brossele in de Kaffeetass“ zu verdeutlichen – und lautes Gelächter gab es nicht nur bei Eugens typischer Interpretation des Gelernten. Zum Markenkern von Spitz & Stumpf gehören auch tiefsinnige Pfälzer Lieder, bei deren Darbietung die Zwei auf der Bühne sich schier übertreffen - phasenweise Erotik, fast Ekstase pur bei Eugen. Natürlich gab’s die „Duddesupp“ und nun auch „e Diddel“ dazu, ein Lied, mit dem Eugen an die erste Begegnung mit seiner „Mathild“ erinnerte. Überhaupt … die Mathild – ja, auch Eugens Eheerfahrungen war ein Programmteil gewidmet. Ob die Präsentation der Designerkartoffel „Graand Beer“ oder diverse Konflikte mit modernen Navigationsmitteln, Eugens Allgemeinbildung oder seine Erläuterungen der „Beicht-App“ – die Lachmuskeln der Zuschauer waren bei den „Fisimatenten“ permanent im Einsatz. Als die beiden Erinnerungen an ihre ach so schwere, karge und entbehrungsreiche Kindheit aufleben ließen, hatten sie auch das Mitgefühl des Publikums, was sich in manch bedauerndem „Ooohh“ äußerte. Am Ende aber waren alle im Saal heilfroh, dass Eugen und Friedel diese „schweren Zeiten“ mehr oder minder unbeschadet – wenn auch leicht traumatisiert – überstanden haben. Hätte doch das Publikum sonst diesen unterhaltsamen und höchst vergnüglichen Abend nicht erleben können.

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