Rheinpfalz Köche auf Rädern

91-81683973.jpg

Trier/Kaiserslautern. Die allerersten rollten vor fünf Jahren durch Nürnberg, und seit zwei Jahren sieht man sie auch immer häufiger in Rheinland-Pfalz: große, originell aufgemachte Trucks, aus denen heraus junge Leute Burger, Bratwurst, Maultaschen oder Salatkreationen verkaufen. Alles wird frisch zubereitet, und deswegen sollen die Foodtrucks auch viel mehr sein als nur Imbissbuden auf Rädern.

In der Region Trier waren sie die Pioniere. Vor gut einem Jahr gründeten Oliver Schmidt und Marius Felzen in Föhren das Unternehmen „Tastebrothers“. Seitdem verwöhnen sie ihre Kunden vorwiegend mit handgemachten Burgern. Entweder in ihrem Bistro im Industriegebiet Föhren oder von ihrem Foodtruck aus, der an stets wechselnden Standorten unterwegs ist, um hungrige Arbeiter und Angestellte in der Mittagspause satt zu machen. Das geht schnell und ist erschwinglich. Sechs oder sieben Euro zahlt der Kunde für einen Burger mit Käse, Rind- oder Hühnerfleisch, bevor er wieder an die Arbeit geht. „Es geht aber nicht auf Kosten der Qualität“, betonen die beiden Jungunternehmer: „Wir machen alles frisch vor den Augen der Kunden; und unsere Zutaten kommen ausnahmslos aus der Region, zum Beispiel von einer Fleischerei in Trier und einer Bäckerei in Kenn. Wir wissen, was wir verkaufen.“ Marken- und Erkennungszeichen der „Tastebrothers“ ist ihr Truck, ein knallgelber, amerikanischer Schulbus. Für 100.000 Euro haben sie ihn gekauft und zu einer fahrbaren Küche umgebaut, mit Grillplatte, Fritteuse und Abzugshaube. Auch Privatleute können ihn mieten, für große Partys oder Geburtstagsfeiern mit mindestens fünfzig Gästen. In der Regel fährt der Bus aber zu großen, umsatzträchtigen Veranstaltungen wie Weinfesten oder Handwerksmessen. Der jüngste Großeinsatz war beim Streetfood-Festival auf dem Bitburger Bedamarkt mit Tausenden von Besuchern, die alle Hunger hatten. Vor den Foodtrucks bildeten sich lange Schlangen, bei den „Tastebrothers“ gingen jede Stunde 100 Burger über die Theke. „Mehr ist nicht machbar“, sagen Oliver Schmidt und Marius Felzen: „Aber solche Events lohnen sich natürlich, auch wenn man hinterher jedes Mal geschafft ist.“ Großveranstaltungen sind auch für die anderen Foodtruck-Unternehmer das wichtigste Standbein. Und deswegen rollen sie dort an mit ihren fantasievoll ausgestatteten Fahrzeugen, vom pinkfarbenen Wohnwagen über den gestreiften Lkw bis zum edelschwarzen Bus. Das kulinarische Angebot ist inzwischen immer vielfältiger geworden. Es gibt Maultaschen mit verschiedensten Füllungen, Currywurst mit Pflaumenketchup sowie alle erdenklichen Kaffee- und Waffelvariationen. In Kaiserslautern fährt der „Chief Loes“-Chef Uwe Fengler mit seinem Truck zum Betzenberg oder vor das Kulturzentrum Kammgarn und verkauft dort seine Sloppy-Sandwiches – Hotdog-Brötchen mit Hackfleisch und Mais. Michael Behler und Jasmin Reichert aus Heuchelheim (Rhein-Pfalz-Kreis) sind seit einigen Monaten mit ihren Imbisswagen „Stop4Wok“ in der Vorderpfalz unterwegs und bieten dort asiatische Gerichte an. Die Idee, sich selbstständig zu machen, kam dem Paar wegen seiner unterschiedlichen Arbeitszeiten: Michael Behler ist von Beruf Koch, Jasmin Reichert studierte Betriebswirtin. Ein eigenes Restaurant wollte der 28-Jährige allerdings nie, also entschieden sich die beiden für einen Foodtruck. Etwas ganz besonderes bietet die „Wildkammer“ aus Bad Sobernheim. In ihrem „Forst Food-Mobil“ vertreibt die Familie Nieding ausgewählte Wildprodukte aus heimischen Wäldern. Mit Burgern und Bratwurst von Reh und Hirsch sind sie auf Märkten und Messen der Naheregion seit zwei Jahren sehr erfolgreich. „Wir verarbeiten Wildfleisch von etwa 40 Zulieferern aus der Region“, erzählt Petra Nieding: „Bei uns geht nichts über den Tisch, was ich nicht zuvor selbst überprüft und probiert habe.“ Das Konzept geht voll auf. „Bis Mitte August sind wir jedes Wochenende ausgebucht“, sagt Petra Nieding: „Und ab November beginnt sowieso bald das Weihnachtsgeschäft.“ Damit füllen die Sobernheimer ebenso wie Fengler und die „Tastebrothers“ eine Lücke im gastronomischen Angebot, die immer größer wird. Weil die Mieten in den Städten explodieren, finden sich keine Restaurantpächter mehr, Esslokale verschwinden, die hungrigen Kunden suchen nach Alternativen und finden sie bei den Foodtruck-Unternehmen, die ihrerseits immer zahlreicher werden. Deutschlandweit wird ihre Anzahl inzwischen auf rund 300 geschätzt. Auch die „Tastebrothers“ spüren die Konkurrenz. „Vor einem Jahr waren wir in der Region Trier noch die einzigen“, sagen Schmidt und Felzen: „Jetzt sind schon sieben weitere dazugekommen.“ Ob dieser rasante Zuwachs anhält, ist allerdings fraglich. Viele von den Junggastronomen wollen einfach mal was ausprobieren. Sie kommen aus anderen Branchen, haben weder Ahnung vom Kochen noch von einer vernünftigen Kostenkalkulation. Die ersten springen daher schon wieder ab. Im Augenblick wagen selbst Experten keine Prognose, ob es sich bei den Foodtrucks um eine kurzlebige Erscheinung handelt oder um eine nachhaltige gastronomische Revolution. Auch die „Tastebrothers“ wissen es nicht. Sie wollen aber auf alle Fälle zu den Gewinnern gehören. „Wir sind ausgebildete Köche“, betonen sie: „Unser Projekt ist langfristig angelegt.“ Vermutlich wird der Foodtruck-Boom das gleiche Schicksal haben wie andere neuen Bewegungen: Viele wollen es versuchen. Einige geben wieder auf. Die wirklich Guten werden bleiben. Eines, das sich inzwischen fest am Markt etabliert hat, ist das Grillmobil-Unternehmen „Hühner Fred“ im südpfälzischen Edesheim. 1996 aus einer Partylaune heraus gegründet, beschäftigt der Betrieb inzwischen nach eigenen Angaben rund 50 Mitarbeiter und ist mit 30 gelben Grillfahrzeugen in der Pfalz und Nordbaden jeden Tag an unterschiedlichen Standorten vertreten. Insgesamt werden regelmäßig rund 130 Stellplätze angesteuert, von Landstuhl bis Sinsheim und von Oppenheim bis Pforzheim. Fest installierte Verkaufswagen gibt es dagegen nur einen – schlicht deshalb, wie es bei „Hühner-Fred“ heißt, weil kaum jemand täglich Brathähnchen essen kann und mag. Jeden Monat kommen so zwischen 30.000 und 35.000 Hühner auf den Grill und in den Verkauf. Info www.foodtrucks-deutschland.de

91-81683976.jpg
91-81683974.jpg
x