Lokalsport Südpfalz Hintergrund: 50 Jahre Frauenfußball – Geschichte und die Gegenwart in der Südpfalz

Magisches Ding: Der Fußball war viel zu lange reine Männersache.
Magisches Ding: Der Fußball war viel zu lange reine Männersache.

Junge Leute fragen sich, wie es sein konnte, dass es vor 50 Jahren verpönt war, dass Frauen Fußball spielen. 1968 gab es in Göcklingen das erste Einlagespiel. Bernd Herrmann, Karl-Heinz Eberle und Helmut Behr erzählen über den Frauenfußball in der Region. Bei vielen Vereinen ist das Angebot wieder verschwunden.

Erst 1970 lenkte der Deutsche Fußballbund ein, deshalb ist das Jahr 2020 das 50. seit der Anerkennung des Frauenfußballs. Seine Geschichte reicht allerdings bis ins Jahr 1922 zurück, damals spielten Studentinnen gegeneinander. Das erste überlieferte Ergebnis stammt aus dem Jahr 1927, eine Münchener Mannschaft gewann gegen eine Berliner Auswahl 2:1. Bernd Herrmann, seit 1980 Spielleiter des FFV Fortuna Göcklingen, erinnert sich noch genau an die Anfänge im Ort. Ununterbrochen seit 1983 ist Karl-Heinz Eberle Trainer der Fußballerinnen in Minfeld. Auch der Bellheimer Helmut Behr gehört zu den Männern, die den Frauenfußball in der Region geprägt haben.

Im Nationalsozialismus passte den Machthabern der Sport nicht in das Bild der Frau. In den 1950er-Jahren kam es zur Bildung von Vereinen, doch der DFB untersagte 1955 den Frauenfußball. „Im Kampf um den Ball verschwindet die weibliche Anmut und die Zurschaustellung des Körpers verletzt den Anstand“, hieß es.

70 Minuten

In der früheren DDR hieß der erste Verein 1968 Betriebssportgemeinschaft Empor-Mitte Dresden. Am 31. Oktober 1970 auf dem DFB-Bundestag in Travemünde wurde Frauenfußball in der Bundesrepublik offiziell erlaubt. Es galt ein Verbot von Stollenschuhen, es gab eine halbjährige Winterpause und eine Spielzeit von 70 Minuten. 1977 wurde Hannelore Ratzeburg als Referentin für den Sport berufen, sie führte Wettbewerbe wie Länder- und DFB-Pokal ein. Seit 1986 gibt es die Bundesliga. Zum Gewinn der Europameisterschaft 1989 im eigenen Land bekam jede Spielerin ein Kaffeeservice geschenkt.

Es gab schon mehr Vereine mit Frauenfußball

In der Südpfalz gibt es viele Vereine, in denen Frauen eine Zeit lang Fußball spielten. Beim SV Oberotterbach, FSV Offenbach, FC Phönix Bellheim, FC Blau-Weiß Minderslachen und SV Rülzheim kann frau das nicht mehr.

Bernd Herrmann erinnert sich: 1968 gab es beim Sportfest in Göcklingen ein Einlagespiel. 1970 wurde die Abteilung als Teil des SV Rot-Weiß Göcklingen gegründet. Nach einem Jahr Teilnahme am Spielbetrieb fanden fortan nur noch Freundschaftsspiele statt. „Beliebt waren Einlagespiele, das zog Zuschauer an. Aber es war mehr eine Volksbelustigung“, erinnert sich Herrmann. Seit 1980 nimmt der Verein regelmäßig an den Punktwettbewerben teil.

Fast alle streben Abitur an

„Die Qualität hat sich mit den Jahren deutlich verbessert, der sportliche Wert hat sich deutlich erhöht“, so Herrmann. 2013 kam es zu Differenzen mit der Göcklinger Führungsspitze, es kam zur Neugründung der Fortuna. Zu Beginn spielte sie auf dem Kunstrasenplatz in Minderslachen, seit drei Jahren trägt sie ihre Spiele beim TV Hayna aus. Aktuell gibt es zwei aktive Mannschaften und eine B-Juniorinnen-Mannschaft, die einzige im Fußballkreis Südpfalz.

Für die kommenden Jahre sieht Herrmann den Verein gut aufgestellt, der Kader habe ein niedriges Durchschnittsalter. Neue Spielerinnen zu gewinnen, ist nicht einfach. Fast alle Spielerinnen streben das Abitur an und gehen danach für ein oder mehrere Jahre ins Ausland.

„Es gab Sprüche“

Seit 1979 gibt es Frauenfußball beim SV Minfeld. Herbert Grösch und seine Tochter Angela initiierten die Gründung der Abteilung. Ununterbrochen seit 1983 ist Karl-Heinz Eberle Trainer der Frauen. Er räumt ein: „Anfangs wurde es schon manchmal belächelt und es gab Sprüche, dass Frauen hinter den Herd gehören. Doch ich stand von Anfang an voll hinter der Sache.“

Das Bild hat sich gewandelt. Spielerinnen wie Sabine Völkel, Silke Hock oder Romy Fosselmann prägten die sportlichen Erfolge: Fünf Meisterschaften, drei Bezirkspokalsiege und eine Hallenmeisterschaften konnten die SVM-Frauen feiern. Viele „Ehemalige“ kommen zur dritten Halbzeit auf ein Glas Sekt vorbei. Zweimal flog das Team nach Texas. Zur Aufbesserung der Mannschaftskasse waschen die Spielerinnen im Wechsel die Trikots ihrer männlichen Kollegen.

15-Jährige dürfen bei Frauen spielen

15 Spielerinnen sind im Kader. Eberle ist froh, dass seit einem Jahr 15-jährige Mädchen mit einer Sondergenehmigung auflaufen dürfen. Fabienne Brecht profitiert davon. Bei allen Erfolgen steht für Eberle immer noch der Spaß im Vordergrund. Sollte der frühere Postbeamte einmal aufhören, ist ihm um die Zukunft nicht bange: „Die Frauen genießen so viel Wertschätzung im Verein. Da wird es Leute geben, die diese Tradition fortführen werden.“

Nachdem der Bellheimer Helmut Behr höherklassige Männerteams trainiert hatte, wurde er 2004 Coach der Frauen des TuS Niederkirchen. 2005 stieg er mit dem Team von der Regionalliga in die 2. Bundesliga Süd auf, holte den Verbandspokal und wurde Hallenmeister. Er hatte Spielerinnen wie Ute Scherrer, Susi Wadle und die im Februar verstorbene Steffi Dums in den Reihen. Zweieinhalb Jahre blieb er beim TuS. Seit 15 Jahren ist er Manager der Frauenabteilung des Karlsruher SC, der 115 Spielerinnen angeschlossen sind.

Stellenwert im Badischen höher

„Man kann den Sport der Frauen nicht mit dem der Männer vergleichen. Es geht nicht so hart und dynamisch zu, dafür ist es sehr ästhetisch. Es gibt sehr filigrane Technikerinnen“, sagt Behr. Bei den Männern herrsche oft weniger Begeisterung. Frauen würden 160 Kilometer ohne Entschädigung zum Training fahren, die Männer verlangen oft bei fünf Kilometern Spritgeld.

Behr findet es schade, dass der Stellenwert beim Badischen Fußballverband höher sei als im Südwesten. Allein in der Stadt Karlsruhe und im näheren Umfeld gibt es 20 Frauenmannschaften. Auch die deutsche Nationalmannschaft habe gegenüber Ländern wie England oder den USA an Boden verloren. In England gibt es eine Profiliga, die Verdienstmöglichkeiten sind besser. Immer mehr Spielerinnen gehen ins Ausland. Als jüngstes Beispiel nennt Behr Melanie Leupolz, die vom FC Bayern München zum FC Chelsea London wechselt. Alle großen Clubs haben dort aus Imagegründen eine Frauenmannschaft. Nun macht sich auch Borussia Dortmund daran.

x