Rheinpfalz Gefangene SS-Soldaten von Befreiern exekutiert

Ein RHEINPFALZ-Artikel vom 21. März dieses Jahres berichtete von einer Sonderkommission der Kriminalpolizei, die vom 30. März bis 5. April 1955 in Dahn wegen menschlicher Knochenfunde ermittelt hatte. Die Sonderkommission kam zu dem Ergebnis, dass es sich um Knochenreste gefallener deutscher Soldaten handelte, an deren Leichen eine amerikanische Sondereinheit Ende März 1945 Sektionen durchgeführt und anschließend die Leichen verbrannt hatte. Während der Ermittlungen in Dahn wurde der Sonderkommission am 1. April 1955 von der Gendarmerie Schopp gemeldet, dass amerikanische Truppen im März 1945 in Steinalben zwölf deutsche Soldaten, darunter angeblich zwei Luftwaffensoldaten, gefangen genommen und kurz darauf in der Nähe der Geiselberger Mühle erschossen haben. Die Erschießung überlebte ein ehemaliger Soldat der Waffen-SS aus Dellfeld, der zurzeit (1955) in Nünschweiler wohne, hieß es. Daraufhin wurde die Sonderkommission auf Anordnung des Generalstaatsanwalts in Neustadt beauftragt, nach Abschluss der Ermittlungen in Dahn die Angelegenheit in Steinalben eingehend zu untersuchen. Die umfangreichen Ermittlungen und Vernehmungen der Sonderkommission in Steinalben sind in einem Schlussbericht vom 14. April 1955 festgehalten, der dem Verfasser samt einer Fotodokumentation vorliegt. Die hier gemachten Ausführungen geben Einblick in das Chaos der letzten Kriegstage und sind zugleich ein erschütterndes Zeugnis sinnlosen Handelns verblendeter und fanatisierter junger Menschen, die trotz der Aussichtslosigkeit ihres Widerstandes an den Endsieg glaubten. Am Dienstag, 20. März 1945, erreichten amerikanische Panzer von Horbach kommend gegen 17 Uhr die Gemeinde Steinalben, die bis dahin vom Kriegsgeschehen verschont geblieben war. Die Amerikaner nahmen zwei Eisenbahner vorübergehend fest und verließen Steinalben nach einem kurzen Aufenthalt wieder. In den frühen Morgenstunden des 21. März 1945 wurde der Ort gegen 3.30 Uhr von einer kleinen Einheit der Waffen-SS mit einer Stärke von maximal 30 Mann besetzt. Es handelte sich um versprengte Teile der SS-Panzer-Grenadier-Division „Götz von Berlichingen“. Diese richteten sich gegen den Willen und die Bedenken der Bewohner zur Verteidigung Steinalbens in einzelnen Häusern ein. Hausbewohner und evakuierte Frauen, die mit ihren Kindern in den Kellern Schutz suchten, flehten die jungen Soldaten an, nicht zu schießen, wohl wissend, dass die Amerikaner beim geringsten Widerstand das Dorf zerstören würden. Die fanatischen Waffen-SS-Soldaten ließen sich jedoch von den couragierten Frauen nicht von ihrem wahnsinnigen Tun abbringen und bedrohten diese noch. Als amerikanische Kampftruppen am 21. März 1945 zwischen 7 und 8 Uhr nach Steinalben vorstießen, wurden sie aus den Kellerfenstern der besetzten Häuser beschossen. Das Gefecht war nur von kurzer Dauer, da die Soldaten der Waffen-SS über keine panzerbrechenden Waffen verfügten und außerdem nur noch ein Maschinengewehr besaßen. Die Leidtragenden dieser unsinnigen Schießerei waren die Bewohner Steinalbens, denn die Amerikaner beschossen daraufhin den Ort mit Panzern und Artillerie. Dabei gerieten drei Häuser in Brand. In und um Steinalben lagen die Toten der Kampfhandlungen. Die Amerikaner durchkämmten den Ort systematisch und machten in Kellern und Gärten Gefangene. Die verwundeten Angehörigen der Waffen-SS kamen zur Behandlung ins Schulhaus oder wurden auf einen Truppenverbandsplatz gebracht. Gegen 9.30 Uhr wurden zehn gefangene Waffen-SS-Soldaten, die sich in den Häusern versteckt hatten, in der Dorfmitte zusammengetrieben, entwaffnet und vernommen. Es kam zu Misshandlungen der Gefangenen. Diese zehn Soldaten wurden im Laufschritt auf der Straße in Richtung Schopp vor einem Jeep hergetrieben. Kurz vor der Abzweigung zur Geiselberger Mühle bog die Gruppe in einen Waldweg ein, der zur Gewanne Mühlhalde führte. Von vier amerikanischen Soldaten flankiert, erreichte die kleine Kolonne nach 30 Metern eine Jungkiefernschonung, wo die Gefangenen zwischen den Bäumen Aufstellung nehmen mussten. Soldbücher, Papiere und Wertsachen wurden ihnen abgenommen. Den Soldaten war klar, was ihnen bevorstand. Die Einwände von Mitgefangenen, dass zwei der Gefangenen Luftwaffensoldaten seien und man sowohl diese als auch die Familienväter unter ihnen verschonen solle, wurde von den Amerikanern mit „Egal, SS!“ zurückgewiesen. Die Gefangenen mussten sich auf Befehl umdrehen und hinknien, einige blieben jedoch stehen. Dies ließ sich später aus der vorgefundenen Lage der Leichen ersehen. Mit zwei Maschinenpistolen wurden aus kurzer Distanz etwa 50 Schüsse von hinten auf die Gefangenen abgegeben. Die Soldaten fielen vornüber aufs Gesicht. In dieser Lage wurden acht Tage später sechs Tote gefunden. Die amerikanischen Soldaten scheinen sich nicht vergewissert zu haben, ob alle zehn Deutsche tot waren. Wahrscheinlich wurden sie durch einen ihrer Offiziere gestört und entfernten sich sofort vom Exekutionsplatz. Von den zehn Männern waren sechs sofort durch Kopfschüsse getötet worden. Die Einschüsse befanden sich im Hinterkopf, die Ausschüsse auf der Gesichtsseite. Vier der SS-Leute waren schwer verwundet. Zwei der Überlebenden blieben bewusstlos am Erschießungsort liegen, während sich die beiden anderen nach Entfernung der Amerikaner in den Wald schleppten. Nachdem die zwei Bewusstlosen zu sich gekommen waren, versuchten sich die vier Männer parallel der Straße Kaiserslautern-Waldfischbach durch die Wälder in Richtung Waldfischbach durchzuschlagen. Unterwegs starb ein Mann, der einen Brustdurchschuss erlitten hatte, im Waldgebiet des Heisberges, wo ihn die anderen liegen lassen mussten. Die restlichen Drei – A.W., 19 Jahre alt, später in Dellfeld gemeldet, H.H., 24 Jahre alt, später in Hamburg gemeldet, H.Sch., 19 Jahre alt, später in Bad Dürkheim gemeldet – konnten sich nach Heltersberg durchschlagen und kamen nach ärztlicher Behandlung in Heltersberg, Rodalben und Pirmasens mit dem Leben davon. In Steinalben hatte sich am 23. März 1945 vorübergehend eine amerikanische Ortskommandantur niedergelassen. Die befahl einem englisch sprechenden Mann aus Steinalben, den toten SS-Mann, der auf dem Heisberg gestorben war, zur Beerdigung nach Steinalben zu bringen. Als der Helfer das Soldbuch des Toten an sich nehmen wollte, wurde ihm dies von dem begleitenden amerikanischen Sergeanten abgenommen. Nach einem langen Prozedere, das sich über mehrere Tage hinzog, gaben die Amerikaner die Erlaubnis, auch die sechs toten Soldaten aus dem Waldstück bei der Geiselberger Mühle zu holen. Das Bergungskommando fand die Leichen in einer unregelmäßigen Reihe liegend. Die Toten wurden nach Steinalben gebracht und auf dem Friedhof beigesetzt. Ihre Soldbücher und Papiere, die das Bergungskommando am Erschießungsort auf einem Stein unter einem Stahlhelm gefunden hatte, wurden von den Amerikanern konfisziert und nicht mehr herausgegeben. Aus diesem Grund konnten von den sieben toten Soldaten nur drei identifiziert werden, vier sind bis heute unbekannt. Im Jahre 1952 wurden die sieben Toten auf den Soldatenfriedhof in Dahn überführt und dort bestattet. Zum Schluss heißt es in dem Bericht, dass die Erschießungen nicht ein Ausfluss der Gefechtshandlungen um den Ort Steinalben waren. Die Soldaten hatten sich ergeben, waren waffenlos und hatten auf dem Weg zur „Mühlhalde“ keinen Widerstand geleistet. Sie wurden erst eineinhalb Stunden nach ihrer Gefangennahme erschossen. Die Aussagen der drei überlebenden Zeugen stimmen in der Schilderung des Erschießungsvorgangs überein. Die amerikanische Einheit und die Namen der amerikanischen Soldaten, die die Erschießung durchgeführt haben, konnten trotz intensiver Befragung nicht festgestellt werden. Der Schlussbericht beschränkt sich ausdrücklich auf die reine Tatsachenfeststellung der Geschehnisse vom 20. und 21. März 1945 in Steinalben.

x