Kultur Südpfalz Experimentell und authentisch

Zum 200. Geburtstag von Komponist Richard Wagner konzipierten die beiden Jazzmusiker Lömsch Lehmann und Matthias Debus bereits vor zwei Jahren ein einstündiges Programm mit dem Titel „Die Motive des Richard W.“ Am Sonntag präsentierten sie dieses nun mit musikalischer Unterstützung von Erwin Ditzner am Schlagzeug einem kleinen, aber begeisterten Germersheimer Publikum.

Der Konzertsaal im Hufeisen bot eine fast intime Kulisse für rund 20 der insgesamt über 100 Leitmotiven Wagners, mit denen sich die drei Musiker auf hohem Niveau improvisatorisch auseinandersetzten. Gespielt wurde unter anderem: Natur, Rheingold, Götterdämmerung, Nibelungen, Unheil, Verzweiflung und Tod. Lehmann verstand es in hohem Maße, aus seiner Klarinette und seinem Saxofon alle Klänge und Töne herauszuholen, was die Instrumente hergaben. Damit konnte er unterschiedliche Handlungen, Figuren, Situationen und vor allem Stimmungen perfekt ins Publikum transportieren. Er ist ein Meister der Improvisationen und beherrscht die subtilen leisen, aber auch kraftvollen und experimentellen Klänge. Mal wirkte die Musik fast schon ein wenig meditativ, melancholisch, dann aber wieder verzweifelt und bedrohlich. Im Zusammenspiel mit dem Kontrabass und dessen zum Teil minimalistischen Streichen des Bogens und experimentellen Zupfweise, wurde oftmals eine mysteriöse Atmosphäre, aber auch ungeheuere Spannung erzeugt. Dies gipfelte einmalig in einer Art Trance bei der Assoziationen wie Angst und Wahnsinn unvermeidlich waren. Lehmann spielte hier Klarinette. Der pfälzische Ausnahmemusiker sorgte oft für Überraschungsmomente, in der Art und Weise, wie er sein Instrument spielte oder wenn er schnelle improvisierte Tonfolgen zum Besten gab. Auch Debus verstand es, nicht nur am Kontrabass erstklassig zu überzeugen, auch als Sänger prägte er den ein oder anderen Höhe- oder Wendepunkt eines Stückes. Während er den Bass spielte, sang er oft nur monotone Töne oder Tonfolgen. In zwei Fällen schrie er jedoch aus tiefster Inbrunst. Sein gellender Schrei verdeutlichte das „ganze Ausmaß des Unheils“. Ditzner setzte erst nach der Hälfte des Konzerts mit seinem Schlagzeug ein. Anfangs schien es, dass er durch seine Mitwirkung die anderen Instrumente „bändigen“ könne, was ihm aber nur bedingt gelang. Auch Ditzner experimentierte mit dem Hi-Hat, indem er zeitweise sehr effektvoll Quietschgeräusche mit seinem Drumstick erzeugte. Lömsch, Debus und Ditzner erzählten eine außergewöhnliche musikalische Geschichte, die aufgrund verschiedener Leitmotive unterschiedliche Akzente setzte und das Publikum immer wieder in ihren Bann zog. Die Zuhörer wurden emotional ein Teil dieser Motive. Ein Grund war sicherlich die Tatsache, dass alle drei Musiker mit ihrem Instrument eins zu sein schienen. Durch diese Authentizität machten sie Wagners Musik erlebbar. Gefühle, die durch das Spiel der Klarinette, Saxofon, Kontrabass und Schlagzeug, aber auch durch die Stimme erzeugt wurden, erreichten die Zuhörer postwendend. (smoh)

x