Rheinpfalz Die nicht alltägliche Geschichte einer Rettung

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Es ist eine Geschichte, die im Geschäftsleben nicht alltäglich ist. Mitarbeiter und Vermieter retten eine Filiale vor ihrer Schließung, indem sie auf einen Teil von Gehalt und Miete verzichten. Passiert ist diese Geschichte jetzt in Kaiserslautern, in der Eisenbahnstraße.

Es geht um die Filiale von Strauss Innovation, eine Warenhauskette aus dem rheinischen Langenfeld. Die malade Kette wird im Juni 20145 insolvent, zum zweiten Mal. Das Anfang 2014 eingeleitete Schutzschirmverfahren, eine Vorstufe zur Insolvenz, führt nicht zum Erfolg. Der Rechtsanwalt Horst Piepenburg macht sich auf die schwierige Suche nach einem Investor. Er wird fündig bei der Deutschen Mittelstandsholding (DMH), Frankfurt, die 50 der 77 Filialen übernimmt. Der Betrieb des Traditionshändlers geht Anfang November auf sie über. Die Filiale in Kaiserslautern hat, was ihre Weiterführung anbetrifft, von Anfang der Insolvenz an schlechte Karten. Sie hat den Malus, dass mit dem Wegzug von Aldi und C&A in die Shopping-Mall „K in Lautern“ in der Eisenbahnstraße der Kundenstrom abgerissen ist. Sie kommt auf die Liste der Filialen, für die am 31. Januar 2016 der Vorhang fallen soll. Mitarbeiter und Vermieter bekommen die Kündigung. Ein weiterer großer geschäftlicher Verlust für die Eisenbahnstraße und ein Leerstand drohen. Heinz Degen (42), der seit Juni 2009 die Filiale in der Eisenbahnstraße führt, will sich mit dem Schicksal nicht abfinden. Er redet mit den Mitarbeitern, macht ihnen klar, dass man dem Investor etwas anbieten müsse, um die Filiale womöglich zu erhalten. Im Boot sind auch die Vermieter der großzügigen Räumlichkeiten, in denen früher das traditionsreiche Modehaus Söllner seinen Sitz hatte. Die Mitarbeiter erklären sich bereit, auf Gehalt zu verzichten. Die Vermieter gehen mit dem Mietpreis runter. Unterm Strich ergibt sich ein Einsparpotenzial im mittleren fünfstelligen Bereich pro Jahr. Erzählt der Filialleiter. Flankiert wird das Angebot von einer Unterschriftenliste. Kunden von Strauss Innovation zeigen sich solidarisch mit den Mitarbeitern, die vor dem Verlust des Arbeitsplatzes stehen. Innerhalb weniger Wochen kommen 1900 Unterschriften zusammen, die den Wunsch nach einem Verbleib der Filiale von Strauss in Kaiserslautern unterstützen. Und der neue Investor? Uwe Gramminger, Geschäftsführer der neuen Strauss Innovation GmbH, schlägt vor Weihnachten in das Angebot der Mitarbeiter und der Vermieter ein, ist bereit, sich daran zu beteiligen. Ergebnis: Die Filiale in der Eisenbahnstraße, sie kann bleiben... Neun der bisher elf Mitarbeiter machen in der Strauss Innovation-Filiale nun weiter. Sie erhalten zum 1. Februar neue Verträge, zu neuen Bedingungen. „Das Team bleibt bestehen“, freut sich Heinz Degen über die erfolgreiche Mission. Einer, der sich auch mächtig darüber freut, dass der Verbleib ermöglicht wurde, ist der Lauterer Fachanwalt für Arbeitsrecht, Christian Wiebelt (Kanzlei Wieschemann, Karmeinsky, Wiebelt). Er hat die Bemühungen um den Erhalt der Filiale begleitet und unterstützt, wie auf Vermieterseite auch der Kaiserslauterer Immobilienverwalter Michael Ritter als Berater tätig war. So kann Strauss Innovation im April zehnjähriges Bestehen seiner Filiale in Kaiserslautern feiern, mit den Mitarbeitern, Vermietern, Kunden. (rdz)

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