Kultur Südpfalz Die Kunst der Verschränkung

Eine Superband des Fusion kommt zum nächsten Termin beim Festival Palatia Jazz am morgigen Samstag ab 19 Uhr auf Schloss Villa Ludwigshöhe: Saxofonist Bill Evans trifft auf den Gitarristen Mike Stern und die Rhythmusgruppe ist ebenso vom Feinsten, mit Tom Kennedy am Bass und Dennis Chambers an den drums. Ein Doppelkonzert bietet der Abend, den Anfang macht das Anke Helfrich Trio.

Wesentliches hat der Saxofonist Bill Evans von seinem Meister Miles Davis bestens gelernt: die hohe Kunst der Fusion. Jazz mit den aktuellen Klängen aus Rock und Pop so zu verschränken, dass diese Melange neuartig wirkt. Bill Evans hat diesen Draht zum Innovativen. Dies schon allein dadurch, dass er die Verschmelzung der Stile nicht wortwörtlich nimmt, das Verschiedene nicht zur Einheitsbrühe aufkochen lässt. Fusion ist bei ihm eher eine Verschränkung, so dass das Heterogene stark genug ausgeprägt ist, um eine starke Reibekraft zu entwickeln. Dies macht er schon allein in seiner unkonventionellen Spieltechnik deutlich, wobei die Melodik und Rhythmik des Funk sich an dem Drive des Bebop entzündet. Funkig pointierte Staccatoläufe sprudeln mit verwirrender Rasanz aus seinem Horn, gewinnen eine wirbelnde Virtuosität, welche diese Soli zuweilen dem Flimmern annähert. Mit seiner Band „Push“ brachte Evans vor Jahren den Funk-Jazz mit Hip-Hop, Rap und Acid-Jazz in Reibung. „Soulgrass“ heißt sein aktuelles eigenes Projekt, mit dem er das Prinzip der energiegeladenen Stilverschränkungen klangstark zum Tönen bringt. Und wie Evans hat auch Mike Stern in der Band von Miles Davis gespielt. Für junge geniale Musiker hat Miles Davis immer schon ein feines Näschen gehabt und wurde eben auch auf die damals noch unbekannten Musiker aufmerksam, die er in seine Band holte. Im Gegensatz zu Evans wurde Mike Stern zunächst nicht als Solist, sondern als Mitglied der Formation Blood Sweat & Tears bekannt, bevor ihn Miles in die Band holte. Das an Pop, Rock, Funk, und Blues orientierte Spiel von Mike Stern kommt ihm da gerade recht. Sterns Stil gilt im Jazz als aggressiv: rasend schnelles Spiel in Bebop-Manier, mit reichlich Vibrato. Tom Kennedy ist ein begehrter Studio- und Live-Musiker, tourte mit dem Tenorsaxofonisten Michael Brecker in der Fusionband „Steps Ahead“ aber auch mit Al DiMeola oder der brasilianischen Pianistin Tania Maria. Später wurde er Mitglied in der Dave Weckl Band, die auch mit Mike Stern oder Didier Lockwood tourte. Herausragende junge Musiker aus der Region will Festival-Leiterin Yvonne Moissl gleichfalls ins Programm integrieren. Das Trio von Anke Helfrich freilich ist längst schon ein Jazzact von internationalem Format. Das Spiel der Weinheimer Pianistin steht ganz in der Tradition der großen amerikanischen Hardbop-Pianisten. Jeder einzelne Ton beginnt zu glühen unter ihren Fingern und doch ist es keine romantische Schwelgerei, was sie hier zum Klingen bringt. Die dunkle Leuchtkraft verrät eher ein tiefes Bluesgefühl. Die Weinheimerin spielt dies so authentisch, als hätte sie den Blues mit der Muttermilch aufgesogen. Die Art, wie sie den Blues spielt, klingt gänzlich unprätentiös, fast beiläufig, und doch vibriert es vor Ausdruck. Da ist musikalische Intelligenz aufs Beste mit swingendem Gefühl vereint. Blitzgescheit ist ihr Hardbop, klanggesättigte Eleganz und Inspiriertheit treffen wunderbar zusammen. Mit Henning Sieverts am Kontrabass und Dejan Terzic an den Drums ist dies eine Top-Besetzung. (rhp)

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