Rheinpfalz Die Glocken läuten wieder

Neustadt. In jüngster Zeit hat das Geläut der katholischen St.-Johanneskirche in Neustadt-Mußbach viel erlebt. Erst lagern die beiden Bronzeglocken in aller Ruhe, dann werden sie gestohlen, zum Teil übermalt und schließlich gerettet. Nun ist ihre Welt wieder in Ordnung.

Wolfgang Müller steuert seinen Kranarm mit ruhiger Hand. Zielsicher führt er die St.-Johannesglocke in luftige Höhe – wo Kai Schwarz und Yannick Widmaier von der Karlsruher Glockengießerei Bachert bereits im Hubsteiger auf sie warten. „Wir setzen Ihrem Haus die Krone auf“, steht auf dem Kranlader zu lesen. An diesem Morgen ist es aber kein Haus, sondern der Glockenträger der Mußbacher St.-Johanneskirche. Das mit der Krone passt trotzdem. Denn für den Kirchenbauverein erfüllt sich ein langgehegter Wunsch. Als die Glocken der protestantischen Kirche um 11 Uhr herüberklingen, ist es geschafft. Die Johannesglocke hängt sicher an ihrem Joch aus Eichenholz im Turm. Zuvor war sie einmal kurz erklungen, weil der Klöppel beim Transport nach oben ausgeschlagen hatte. „Monika, es leit, haschd’s gehört?“, sagt Monika Fürst vom Kirchenbauverein. „Genau das ist der Ton“, fügt sie an und summt eine Melodie – nur zu gut erinnert sie sich daran, wie es war, als noch Glocken die Mußbacher Katholiken zum Gottesdienst gerufen haben. 2004 war damit Schluss. Der marode Glockenturm aus Beton neben der Johanneskirche musste abgerissen werden, seitdem lagerte das Bronzegeläut St. Johannes und St. Andreas ebenso wie ein Gusseisendoppel aus den 1920er Jahren auf dem Kirchengelände. 2006 gründete sich der unabhängige Kirchenbauverein. Das Ziel: Geld für einen neuen Glockenträger zu sammeln. Vor vier Wochen wurde der moderne Turm aus Stahlträgern gestellt. 1,70 Meter tief steht er in der Erde, knapp 17 Meter ragt er in die Höhe. Doch was ist ein Glockenturm ohne Glocken? Der letzte Handgriff folgte nun – und eine große Schar an Zaungästen verfolgt die Arbeit von Zimmerei und Glockenexperten über Stunden hinweg geduldig. Die Stimmung ist gut, das Wetter spielt mit. „Jetzt ist sie mal oben, da kann nicht mehr viel passieren“, ruft einer der Zuschauer. „Das ist das Schöne, wenn man so lange gespart hat“, beschreibt seine Nachbarin diesen Moment. Für Wolfgang Müller ist es das erste Mal, dass eine Glocke an seinem Kran schwingt. Das sei auch nicht anders als sonst, kommentiert er das Lob eines Zuschauers: „Wolfgang, Du bewegst einfach alles, ob Schwimmbad oder Glocken!“ Allerdings „droht“ er ihm auch an, dass sich das in der Kerwerede niederschlagen wird. Derweil fahren Schwarz und Widmann noch einmal nach unten. Kurz beraten sie sich mit Müller, dann geht es, ausgestattet mit einer Flex, wieder hinauf. Sie legen sozusagen letzte Hand an die 355 Kilogramm schwere Johannes-Glocke, später wird die 513 Kilo schwere St. Andreas folgen. „Die eine heißt nach dem ersten Täufling, Johannes Fürst, die andere nach dem Initiator, dem Pfarrer Andreas Neufeld“, erzählt Michael Rein mit einem Augenzwinkern. Auch für den Glockenliebhaber ist dieser Tag ein kleines Freudenfest. Und weil im Turm bereits eine Aufhängung für eine dritte Glocke vorgesehen ist, würde er diese gerne spenden: „Jetzt sind es zwei ,Männer’, da muss noch eine Frau dazu, eine Ave Maria ...“ Aber: Nur dann, wenn gesichert ist, dass der Kirchenbauverein es sich leisten kann, drei Glocken zu unterhalten. „Mittags um zwölf, abends um halb sieben und natürlich zu den Gottesdiensten“ würden die Glocken nun läuten, sagt Christel Fürst. Die Nachbarn seien darüber informiert. Und wann erklingt das Geläut zum allerersten Mal offiziell? Klaus Rein vom Pfarrgemeinderat will sich da noch nicht genau festlegen. Ein Fest soll es dann geben, aller Voraussicht nach kurz nach Ende der Sommerferien.

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