Rheinpfalz „Daumen drücken für Benno“

Andreas Wilde nimmt den Spender-Fragebogen und das nummerierte Röhrchen in Empfang. „Links, rechts“, fragt der Rettungsassistent Lisa Bereswill aus Bundenthal. „Egal“, sagt diese, streckt den rechten Arm aus. Knapp sechs Milliliter Blut wird ihr Wilde gleich entnehmen. Sechs Milliliter Blut, die Leben retten können. Möglicherweise das Leben von Benno. Der Fünfjährige aus Hauenstein leidet an Leukämie (die RHEINPFALZ berichtete mehrfach). Ein Stammzellenspender, der sein Leben retten kann, wird an diesem Sonntag bei der großen Typisierungsaktion in Hauenstein gesucht.

Am Ende des Tages werden es 1930 Menschen sein, die sich haben typisieren lassen. Hoffnung für viele Leukämiekranke. „Wenn man ehrlich ist, ist Benno unser jüngster Lebensretter“, sagt Patrick Stöbener von der Hauensteiner Feuerwehr, die gemeinsam mit dem Technischen Hilfswerk (THW) und dem Deutschen Roten Kreuz die Typisierungsaktion initiiert hat. In Zusammenarbeit mit der Stefan-Morsch-Stiftung. „Wir hoffen alle, dass wir einen Spender für Benno finden. Der eine oder andere, der sich hier heute typisieren lässt, kann möglicherweise ein anderes Leben retten“, erläutert Stöbener. Lisa Berweswill ist früh zum Typisieren gekommen. „Für mich war das selbstverständlich“, sagt die 18-Jährige. Auch ihr Vater ist an Leukämie erkrankt. Noch braucht er keine Knochenmark- oder Stammzellenspende. „Es geht ihm soweit ganz gut“, sagt Lisa. Würde Knochenmark benötigt, gäbe es in der Familie einen passenden Spender. „Ich war damals noch zu jung, um mich typisieren zu lassen. Aber ich weiß, wie wichtig das ist“, sagt sie. Mindestens 16 Jahre alt müssen mögliche Spender sein. Wilde untersucht den rechten Arm. „Venen muss man fühlen“, sagt der Rettungsassistent, der zugleich Vorsitzender des örtlichen THW ist. Rechts fühlt er nichts, links auch nichts. Aber auf dem linken Handrücken. Kleiner Pieks, Blut läuft ins nummerierte Röhrchen. „Draufdrücken, kurz in der Mitte noch warten“, empfiehlt er. Wem die Blutentnahme stärker auf den Kreislauf schlägt, der wird sofort vom DRK betreut. Liegen sind vor Ort. Auch mögliche Lebensretter brauchen Hilfe. „Wir sind schon überwältigt“, gesteht Martin Kämmerer, Papa von Benno. Immer wieder nimmt er Bekannte und Freunde in den Arm, die sich haben typisieren lassen. Sie alle drücken Benno und seiner Familie die Daumen, dass sich ein passender Spender findet. „Benno ist bei der Oma. Was hier heute los ist, weiß er“, sagt Martin Kämmerer. „Großartig“, freut sich Sascha Brunner, der stellvertretende Hauensteiner Wehrleiter, über den Zuspruch. Um 13 Uhr sollte die Aktion beginnen. „Es gab Fußballmannschaften, die heute spielen. Die Spieler wollten sich unbedingt typisieren lassen, haben gefragt, ob sie etwas früher kommen können“, erzählt Brunner. Konnten sie. Ab 12.30 Uhr wurden erste Blutentnahmen vorgenommen. Mittlerweile wird an 16 Tischen Blut entnommen. Ärzte, Krankenschwestern, Rettungsassistenten helfen ehrenamtlich. Abgetrennt vom Registrierungsbereich. Dort hat sich gegen 14 Uhr eine lange Schlange gebildet. „Wer jetzt am Ende der Schlange steht, muss etwa 15 bis 20 Minuten warten. Aber die Wartezeit lohnt sich“, sagt Stöbener über Lautsprecher durch. Keiner geht, alle wollen helfen. Das THW ist bereits unterwegs, um Materialnachschub zu holen. Kurz nach 14.30 Uhr werden über 700 Spender vermeldet. Applaus brandet in der Halle auf. „Wir haben das in der Feuerwehr besprochen und spontan gesagt, ja da helfen wir“, sagt Carsten Schattauer. Mit der Feuerwehr Schmalenberg ist er nach Hauenstein gekommen. Quer durch den Pfälzerwald, um sich typisieren zu lassen. Die Aktion hat weite Kreise gezogen. „Natürlich, viele kenne ich, aber ganz viele eben auch nicht“, weiß Brunner, dass teils Leute aus der Region Kusel angereist sind, um zu helfen. Sie helfen mit ihrem Blut und oder einer Geldspende. Geld, das benötigt wird, um die Typisierungsaktion zu finanzieren. Denn jede Typisierung kostet 50 Euro. Das THW hilft auch hier. 2200 Euro wurden im August erlöst, als das 50-jährige Bestehen der Ortsgruppe gefeiert wurde. Bei einem Rockkonzert kam dieser Betrag zustande. Die Firma Däsa, mit der das THW bei Altkleiderspenden zusammenarbeitet, hat auf 3000 Euro aufgestockt. „Wir haben das intern besprochen und beschlossen, dass wir diese 3000 Euro heute spenden“, sagen Jens Keiner und Steffen Mellein vom Förderverein des THW. 60 Typisierungen sind schon mal finanziert. Es wird noch mehr Geld benötigt. Die Hilfe geht weiter. Die beiden Fußballvereine, der SC Hauenstein und der TV Hauenstein, werden am 30. Oktober ein Benefizspiel ausrichten. Frühere Bundesligaprofis haben bereits signalisiert, für die Mannschaft „Benno und friends“ zu spielen und damit zu helfen, sagt Markus Reichert vom TVH. Details werden noch geklärt. „Aber 30. Oktober, 19 Uhr, das steht fest. Und die gesamten Erlöse kommen der Stiftung zugute“, sagt Reichert. Auch er will sich typisieren lassen. Gemeinsam mit Sohn Michael. Beim Sohn ist es unproblematisch: Er ist jung genug, erfüllt alle Anforderungskriterien an einen Spender. Reichert selbst ist 50 Jahre alt. Bis zu diesem Alter registriert die Stiftung maximal Spender. In Hauenstein waren vordringlich Spender bis 40 Jahre gefragt. Wer registriert ist, darf jedoch bis zum 60. Lebensjahr Knochenmark oder Stammzellen spenden. Markus Reichert darf sich typisieren lassen. „Jetzt hoffen wir alle, dass sich ein Spender für Benno findet. Was die Helfer hier auf die Beine gestellt haben, das ist schon großartig“, findet er. 30 Minuten Wartezeit, die es zwischenzeitlich schon waren, „war das auf jeden Fall wert“, sagt er. „Das hat sich wirklich gelohnt“, ist Sascha Brunner zufrieden. Jetzt wird noch Kassensturz bei den Spendengeldern gemacht. Aber das Wichtigste, neben all der Solidarität, ist „Daumen drücken für Benno“, sagt Brunner. Damit er und seine Familie in ein paar Tagen die erhoffte gute Nachricht bekommen, dass sich ein Spender gefunden hat.

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