Rheinpfalz Apfelwein für alle

MANNHEIM

. Benedikt Kuhn ist ein Odenwald-Patriot. Ein Apfelwein-Baron. Sein Unternehmen „Bembel-With-Care“ ist aber in einem Hinterhof-Haus im Mannheimer Hafengebiet versteckt. Von dort aus arbeitet er seit einigen Jahren daran, sein „Äppler-Imperium“ aufzubauen. Mit Apfelwein in Dosen will er den Getränkemarkt erobern. Drei Millionen Stück hat er im vergangenen Jahr verkauft. Getrunken wird überall zwischen Nordhessen und Freiburg sowie vom Saarland bis nach Thüringen. Doch Kuhn will mehr: Südkorea, Russland, USA, Japan, China – bald sollen sie dort alle seine Design-Dosen in den Händen halten. Derzeit hagelt es offenbar Anfragen aus dem Ausland. Der 34-Jährige sitzt im Besprechungszimmer der Bürogemeinschaft. Es ist Freitagnachmittag. Das Wochenende steht vor der Tür. Noch bis vor Kurzem hat er sich kaum freie Tage gegönnt. Viele Jahre lang hat er für seine Vision durchgearbeitet. „Vor einem Jahr habe ich mir gesagt: Jetzt ist Schluss. Ich brauche die Wochenenden. Sonst brenne ich aus.“ Und so kurz davor sogar noch eine gute Nachricht: „Eine russische Importfirma hat heute unterschrieben.“ Das erste Exportland steht also fest. Es soll nicht das letzte sein. Was der gebürtige Heppenheimer mit seinem Apfelwein-Unternehmen in Mannheim verloren hat? „Ich habe hier an der Mannheimer Hochschule Design studiert.“ Bei einer Seminararbeit wurde die Idee geboren. Die Leidenschaft für das Getränk war schon immer da. „Es war einfach eine sehr günstige Alternative zum Bier. 50 Pfennig pro Liter. Unschlagbar.“ Viele seiner Freunde rümpften damals noch die Nase. Und in einem musste ihnen Kuhn recht geben: „Die Verpackung sah scheiße aus. Aber das Getränk war geil.“ Besonders „geil“ fand er den Apfelwein der Odenwälder Kelterei Krämer. Anfangs war man beim Unternehmen skeptisch, als Kuhn mit seiner Vision vorsprach. Krämers Apfelwein sollte in stylische Dosen gefüllt werden – Büchsen statt Bembel. Eine Marktneuheit. Seit 1928 wird im Familienunternehmen gekeltert. Tradition gegen Innovation. Kuhn war sich sicher: Das geht Hand in Hand. „Ich wollte das angestaubte Altherrengetränk retten.“ Er richtete das Produkt durch das moderne Design an eine jüngere Zielgruppe. Das Logo sollte reduziert und zugleich plakativ sein. „Ich wollte es von allem, was man nicht braucht, befreien. Der Bembel musste bleiben.“ Das Glas stehe für die zerbrechliche Apfelwein-Kultur, der Bembel für die Tradition und die Pfeile für das Aufrichten. Zugleich sei es ein Hinweis: Bitte aufrecht stellen. Krämer traute sich. Und es funktionierte. 2007 gründete Kuhn mit einem Studienkollegen „Bembel-With-Care“. Das Unternehmen war für Design und Vermarktung zuständig, die Kelterei für Inhalt und Vertrieb. Das erste Produkt (2008) war ein Fünf-Liter-Fass, 2009 folgte die 0,5-Liter-Dose, 2011 die kleinere Version mit 0,25 Liter Inhalt. Und auf den ist Kuhn ebenso stolz wie auf das Design: „Der Apfelwein ist ein reines Naturerzeugnis aus den Äpfeln Odenwälder Streuobstwiesen. Keine Konzentrate, Zusatzstoffe, kein Zucker und keine Süßungsmittel.“ Lediglich etwas Kohlensäure komme dazu. Kuhn schiebt eine weiße Dose über den Tisch. „Das ist die perfekte Einstiegsdroge. Apfelwein mit einem Schuss Cola.“ Es ist auch der Bestseller. 60 Prozent seiner Bembel-Gemeinde wählt Weiß. Zum puren Apfelwein, in der schwarzen Dose, greifen 20 Prozent, die restlichen 20 Prozent wählen Grün (mit Tafelwasser). Auf den ökologischen Aspekt angesprochen, reagiert Kuhn gelassen: „Unsere Dosen können 20 Mal mehr Inhalt verpacken als die gleiche Menge an Glas. Die Aluminium-Dosen können vollständig und unendlich oft recycelt werden. Das recycelte Alu hat die gleiche Qualität wie das Ausgangsprodukt und kann immer wieder verwendet werden.“ Aus der Startup-Firma ist inzwischen ein beachtliches Unternehmen geworden. Der Studienkollege ist nicht mehr an Bord. Aber während der Chef über Restsüße spricht, sitzen nebenan mehrere Mitarbeiter, um mit ihrem Produkt die Nische zwischen Bier und Wein zu füllen. Vier Vollzeit-Angestellte und eine Teilzeit-Kraft arbeiten mit Kuhn daran. Einige der Bier trinkenden Freunde, die ihn damals für seinen Geschmack belächelten, habe er inzwischen „umgekrempelt“. Auf Partys in seinem Freundeskreis bleibe der Bierkasten jetzt oft unangetastet. Auch das neueste Produkt – Apfelschaumwein – wird ihm aus den Händen gerissen. Innerhalb kürzester Zeit war die Erstauflage von 600 Stück ausverkauft. Die Neuauflage ist gerade fertig geworden. Diesmal sind es 4000 Flaschen. Kuhn: „Der Apfelwein ist zurück – die Revolution geht weiter.“

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