Rheinpfalz Alle eines Sinnes

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Kaiserslautern. Beim Verein für Baukultur und Stadtgestaltung hat es klick gemacht, als die Pfaff-Areal-Entwicklungsgesellschaft (PEG) im November 2015 den Abriss von Gebäuden auf dem Pfaff-Areal in Angriff nahm. „Das war unser Einstieg“, erzählt Dieter Burghaus, früher städtischer Denkmalpfleger, von Beruf Stadtplaner. Es gibt Dinge, die zur Stadt Kaiserslautern dazu gehören. Dazu zählt eindeutig das frühere Weltunternehmen Pfaff. „Da kann man nicht hingehen und einfach alles abreißen.“ Das Ziel seines Vereins ist es, die städtebauliche Qualität zu sichern, die Denkmalpflege zu berücksichtigen und darüber hinaus die Gebäude zu erhalten, die von Bedeutung sind. Burghaus wird nicht müde zu kritisieren, dass die Stadtverwaltung die Auslegung der Pläne nicht ernst nimmt. Es sei technisch kein Problem, alle Unterlagen ins Internet zu stellen, damit jeder Bürger darauf Zugriff habe und sich daheim am PC damit beschäftigen könne. Stattdessen müsse er sich ins Rathaus setzen, um dort die romandicken und komplexen Unterlagen zu studieren. Nicht zeitgemäß, sagt er. Die PEG-Abrissplanung gab auch für die Architekturgalerie den Startschuss, sich zu engagieren, stellt Peter Spitzley fest. Eine Bürgerwerkstatt, wie sie die Grünen wollten, wurde im Stadtrat abgelehnt. „Wir wollten viele Generationen in der Stadt mitnehmen.“ Das sei die Intension vor dem Zusammenschluss der Kultur-Initiative „Pfaff erhalten − Stadt gestalten“ gewesen. Spitzley ist von Beruf Architekt und Geschäftsführer des Fachbereichs Architektur an der TU. Die Architekturgalerie in der Rosenstraße wird vom Fachbereich Architektur und der Architektenkammer betrieben. Prinzipiell, so umreißt er den Beweggrund des Pfaff-Engagements, „sind wir an Planungskultur interessiert“. Die Architekturgalerie fordert: „Kein Abriss ohne Plan. Erst muss man wissen, was gebaut werden soll, dann kann man abreißen.“ Man müsse Ideen zulassen, sich damit auseinandersetzen und Pläne erarbeiten. „Planung ist im Idealfall eine Optimierung“, so Spitzley. Jörg Heieck (Lehrer, Fotograf) und Michael Fetzer (Lehrer, Maler, Filmemacher) vertreten die Künstlerwerkgemeinschaft (KWG), die am Waldschlösschen ihren Sitz hat. Dort organisiert die KWG Lesungen, Ausstellungen, Konzerte, Aufführungen. Außerdem bietet sie ihren Vereinsmitgliedern die Möglichkeit, die Räume als Gruppenatelier zu benutzen. Heieck kritisiert wie seine Mitstreiter: „Die Stadt sieht das Pfaff-Gelände als Sanierungs- und Verwertungsfall.“ Drei Schwerpunkte formuliert die KWG für das 20 Hektar große Grundstück. Kaiserslautern habe ein Problem mit seiner Stadt-Identität, die einmal von Pfaff geprägt gewesen sei. „Darüber wird in der Planung nicht gesprochen.“ Der Mangel an bezahlbaren Atelier-, Probe- oder sonstigen Räumen für Kreative ist ein weiterer Motor des KWG-Engagements. Nicht zuletzt sieht die KWG in der Kreativwirtschaft einen Wirtschaftsfaktor, der Geld einbringe. Wissenschaft und Forschung mit der Kultur- und Kreativwirtschaft verbinden: „Damit lässt sich Geld verdienen und Top-Investoren lassen sich anziehen“, spielt Heieck auf die weichen Standortfaktoren einer Stadt an. Galeristen, Handwerker, Fablabs, Startups, PR-Agenturen, Künstler seien eine Klientel, die sich die KWG auf dem Grundstück vorstellen kann. Der Seeberger-Bau als Kreativzentrum, in das man sich einmieten könne, ist eine Denkart dieser Idee. „Wir fordern nichts Neues, das gibt es alles schon“, konstatiert Michael Fetzer und nennt die Städte Mannheim oder Pirmasens. Oliver Hahn vertritt das Kulturkollektiv Kaiserslautern. Der Diplom-Ingenieur ist Raum- und Umweltplaner am Kaiserslauterer Institut für Mobilität & Verkehr. Sein Verein, der seit zehn Jahre besteht, will das kulturelle Leben in der Stadt erweitern. Leerstände zu bespielen oder ambitionierte Veranstaltungen zu organisieren, sind Aufgaben, die das Kulturkollektiv erfüllt. Hahns Forderung geht in eine ähnliche Richtung wie die der Künstlerwerkgemeinschaft: „Gebäude für Kreative sind immer gesucht.“ In der Stadt gebe es nur wenige, gerade kleinere Räume fehlten. Er denkt zudem an die internationalen Gruppen an der TU, die für ihre Veranstaltungen kaum bezahlbaren Raum finden. Der Altbaubestand auf dem Pfaff-Gelände eigne sich gut dafür. Die Raumpiraten wollen ungenutzte Räume in der Stadt öffentlich nutzbar machen, Leerstände werden künstlerisch bespielt, meist in Kooperation mit den anderen Kreativen. „Freiraum 2.0“ und „Stadt.Umbau.Salon“ sind erfolgreiche Beispiele. Die Wiederbelebung der urbanen Stadt ist ihr Motiv, wie es Thomas Fischer, Stadtplaner von Beruf, zusammenfasst. Auf dem Pfaff-Areal können sich die Raumpiraten einen „Möglichkeitsraum für viele“ vorstellen: Fischer spricht von einem Allgemeinbedarf an Plätzen, Höfen, Grünflächen („winziger Stadtpark, ungünstig gelegener Volkspark“). Er plädiert dafür, das Gelände nicht nur an große Investoren, sondern an viele kleine, „die hier Steuern zahlen und hier bleiben“, zu vergeben. Städte brauchen Zeit, sagt er, „Wohlfühlorte“ gebe es nur wenige; „nichts, was in den letzten Jahren hier gebaut wurde“, lässt sich so nennen. Er spricht von „austauschbaren Kuben, die keine städtische Qualität erzeugen“.

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