Bockenheim Überwältigende Hilfsbereitschaft für Flutopfer
Uli Keidel ist sprachlos. Der Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr Bockenheim-Kindenheim ist überwältigt von der großen Hilfsbereitschaft der Bevölkerung. Seit 12 Uhr steht er mit seinen Kameraden im Feuerwehrgerätehaus und sortiert, was die Leute vorbeigebracht haben: Ravioli aus der Dose, Brotaufstriche, Würstchen, Milch, Käse, Nudeln, sogar Pudding, Reiswaffeln und Kekse. Alles Lebensmittel, die sich lange halten. Metzgereien haben Hausmacher in Dosen gespendet, die als Hilfspaket aus der Pfalz in den Norden gefahren werden. Insgesamt waren über hundert Autos angefahren, die vollgepackt waren mit Spenden.
Menschen haben extra eingekauft
Besonders rührend: Viele Menschen haben extra eingekauft, um ihre Spende bei der Feuerwehr abzugeben. Eine Turngruppe aus Großkarlbach hat sogar 350 Euro im Supermarkt ausgegeben. Andere haben Dinge gebracht, an die viele nicht sofort denken: Spielzeug für Kinder, Hygieneartikel für Frauen, Futter für Haustiere.
Damit die Dosen warm gemacht werden können, wurden auch Gaskocher gespendet. Viele der Häuser in der Katastrophenregion haben momentan keinen Strom. Für die Nacht wurden auch Schlafsäcke und Decken gespendet.
Dass die Hilfsbereitschaft so hoch ist, hat Keidel nicht erwartet. Den Aufruf hatten die Feuerwehrleute nur per WhatsApp verschickt – explizit mit der Bitte, diesen an Freunde und Bekannte weiterzusenden. Nach dem Schneeballsystem verbreitete sich die Nachricht immer weiter. „Es kamen Autos aus Worms, Alzey, Kirchheimbolanden und von noch weiter her“, sagte Feuerwehrmann Timo Hennrich.
Um 15.45 Uhr war ein Großteil der Kisten gepackt, als der Kühllaster kam, der die Lebensmittel in den Norden des Bundeslandes fahren soll. Obwohl es im Spendenaufruf hieß, bis 14 Uhr können Spenden gebracht werden, kamen auch danach noch Autos angefahren. Den Lkw, der vom Metro-Zentrallager in Kirchheim gestellt wurde, fuhr Tobias Petri. Als Disponent hatte er gerade eine Nachtschicht hinter sich, als er angerufen und gefragt wurde, ob er die Tour übernehmen wolle. „Klar mache ich das“, sagte er sofort. Als Nachtschichtler hat er keine Probleme damit, wenn die Fahrt etwas länger dauere. Zum Sammelplatz sind es etwas mehr als 170 Kilometer. Mit dem Lastwagen brauche er mindestens zweieinhalb Stunden, rechnete er vor. „Ja, das könnte wieder eine Nachtschicht werden.“
Gesammelt wird alles in Grafschaft, einer Gemeinde neben Bad Neuenahr-Ahrweiler. Der Sammelpunkt der Einsatzkräfte, der in der Sprache des Katastrophenschutzes Bereitstellungsraum genannt wird, befindet sich auf dem Gelände der Haribo-Fabrik. Von dort aus werden auch die 50 Feuerwehrleute aus dem Leiningerland koordiniert.
Dass die Region noch weitere Hilfe braucht, zeigt das Beispiel von Sven Horenburg aus Northeim in Niedersachsen, der mit seiner Frau Iris ebenfalls am Freitag im Feuerwehrgerätehaus ist. Die beiden machen Urlaub in der Pfalz und besuchen Freunde, die auch bei der Feuerwehr aktiv sind. Horenburg ist in seiner Heimat seit Jahren beim Technischen Hilfswerk (THW). „Am Montag muss ich wieder runterfahren.“ Dass er seinen Aufenthalt in Rheinland-Pfalz auf diese Weise verlängert, hatte er so nicht erwartet.
Etwa zwei Stunden nachdem der Kühllaster des Metro-Zentrallagers in Bockenheim angekommen war, fuhr Fahrer Tobias Petri fast vollgepackt wieder los. Einen Zwischenstopp legt er noch in Dirmstein ein, wo weitere Sach- und Lebensmittelspenden eingesammelt werden.