Rheinland-Pfalz Willkommener Rückkehrer oder gefürchtetes Raubtier – der Wolf spaltet

Dieser Wolf wurde in einem Gehege im Wolfcenter Dörverden fotografiert.
Dieser Wolf wurde in einem Gehege im Wolfcenter Dörverden fotografiert.

Seit einigen Jahren sind wieder Wölfe in Rheinland-Pfalz heimisch – das gefällt nicht jedem. Auch wenn die Zahl der Tiere noch weit von denen anderer Bundesländer entfernt ist, erregen sich auch hier bei der Frage zum richtigen Umgang damit die Gemüter.

Elf Mal sind ein Wolf oder mehrere Wölfe im Dezember in Rheinland-Pfalz in eine Fotofalle getappt, die meisten im Westerwald. Außerdem wurden im letzten Monat des vergangenen Jahres landesweit nach einer Auflistung der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz 16 Schafe von Wölfen gerissen. Obwohl es hier noch weit weniger Tiere gibt als etwa in Brandenburg, Sachsen oder Niedersachsen, wird auch in Rheinland-Pfalz – wo 2012 nach mehr als 100 Jahren erstmals wieder ein Wolf nachgewiesen und später illegal geschossen worden war – äußerst emotional über das Thema diskutiert.

Wolf ist kein jagdbares Wild

Grundsätzlich sind Wölfe nach EU-Recht streng geschützt. Bundesweit gab es laut der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) im Monitoringjahr 2022/23 insgesamt 184 Wolfsrudel. Als letztes Bundesland galt bis vor kurzem das Saarland noch als wolfsfrei, bis Ende 2023 auch dort ein Tier im Bliesgau nachgewiesen wurde.

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In Rheinland-Pfalz ist der Wolf kein jagdbares Wild im Sinne des Jagdgesetzes, das soll sich auch mit der geplanten Novelle des Gesetzes nicht ändern. Im Wolfsmanagementplan des Landes zum Umgang mit „verhaltensauffälligen Wölfen“ heißt es, die Tiere vermieden den Kontakt mit Menschen. Wenn ein Wolf sich auffällig verhalte, müsse die jeweilige Situation von Fachleuten beurteilt werden.

Eine „Entnahme“ also Tötung eines Wolfes könne stets nur der letzte Ausweg sein. Wenn ein Tier mehrfach Schutzeinrichtungen überspringt, kann es zu einem „schadenstiftenden Wolf“ erklärt werden, heißt es in dem Plan. „Zur Abwehr ernster personeller oder wirtschaftlicher Schäden lässt das Bundesnaturschutzgesetz ausnahmsweise die Tötung eines solchen Individuums zu.“

Praxisfernes Wolfsmanagement?

Nach Einschätzung des Wolfsbeauftragten des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Matthias Müller, ist die Kontrolle über die Wolfspopulation in einigen anderen Bundesländern verloren gegangen. In Rheinland-Pfalz findet Müller, der selbst Rinderhalter im Westerwald ist, den Wolfsmanagementplan „völlig praxisfern“. Auf Sorgen und Probleme von Weidetierhaltern werde nicht eingegangen.

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Der Naturschutzbund (Nabu) in Rheinland-Pfalz betont indes, die Weidetierhaltung und die ebenfalls ökologisch bedeutende Rückkehr des Wolfes dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. Der Fokus solle auf dem Ausbau und der Förderung des Herdenschutzes liegen, und nicht auf der Tötung von europäisch streng geschützten Wildtieren.

Für Müller denken trotz aller Entschädigungen bei Rissen vor allem nebenberufliche Weidetierhalter wegen des aufwendigen Herdenschutzes zunehmend darüber nach, aufzuhören. „Die sagen sehr schnell: Dann hören wir lieber auf. Und das sind nicht wenige.“ Dabei trügen Weidetiere letztlich zur Biodiversität und Artenvielfalt bei.

„Beste Förderungen beim Herdenschutz“

Das sieht Umweltministerin Katrin Eder (Grüne) ähnlich. „Fakt ist, dass die Weidetierhaltung wichtig ist für den Naturschutz, gerade was das Thema artenreiche Wiesen anbelangt.“ Allerdings sei der Wolf längst nicht der alleinige Grund, warum Halter ihre Herden aufgeben. „Er verschärft eine ohnehin sehr schwierige Situation für die Weidetierhalter.“ Weil die Weidetierhaltung unter Druck stehe, habe Rheinland-Pfalz vor Jahren etwa eine Weidetierprämie eingeführt.

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Die Situation beim Wolf hierzulande sei bei derzeit einem Einzeltier im Nationalpark und zwei Rudeln im Norden nicht vergleichbar etwa mit der in Niedersachsen. „Wir haben, wie wir finden, mit die besten Förderungen bundesweit, was das Thema Herdenschutz angeht“, sagt die Ministerin. „Wir haben großes Verständnis für die Sorgen der Weidetierhalter und sind wirklich sehr großzügig bei den Kostenübernahmen bei Rissen und beim Herdenschutz.“

Müller hält dagegen. Schutzzäune seien zwar eine gute Idee, letztlich wälzten sie aber die Verantwortung auf die Tierhalter ab. In der Regel gebe es auch keine Entschädigung bei Rissen, wenn kein Schutzzaun aufgestellt sei. Um sicherzugehen, sei letztlich eine ständige Kontrolle und Wartung der Zäune nötig. Auch könnten sich in Panik wegrennende Weidetiere an solchen Zäunen verletzen.

In Rheinland-Pfalz erst einmal keine Änderung

Die Umweltministerkonferenz (UMK) hatte sich zuletzt darauf geeinigt, dass Wölfe, die Schutzzäune überwunden und Nutztiere gerissen haben, künftig schneller als bisher getötet werden können. Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer, ein Parteikollege Eders, zeigte sich anschließend „erleichtert und froh“. Das beschlossene Modell diene der Abwehr erheblicher Schäden an Weidetieren. Demnach sollen die Bundesländer bestimmte Regionen mit vermehrten Wolfsrissen festlegen. Anders als bisher soll dann für einen Abschuss nicht erst eine DNA-Analyse abgewartet werden müssen.

In Rheinland-Pfalz ändert sich zunächst aber dennoch erstmal nichts. „Der UMK-Beschluss fließt jetzt ein in die Überarbeitung des bundesweiten Praxisleitfadens“, sagt Eder. „Und der findet dann natürlich hier auch Anwendung.“ Anschließend erfolge eine Abstimmung mit anderen Bundesländern, die eine ähnliche Situation hätten – Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen und das Saarland. Auch mit den Nachbarländern Belgien und Luxemburg stehe man im Austausch.

Eine schnelle Änderung der Maßgaben für Abschüsse hält Eder nicht für nötig. Hierzulande habe ein Wolf beispielsweise schon einmal einen 1,20 Meter hohen elektrischen Zaun überwunden. Wenn das nochmal passiere, könne dieses Tier nach dem Bundesnaturschutzgesetz oder dem Wolfsmanagementplan des Landes bereits heute geschossen werden.

Vorbild Österreich?

Bayern will die Bundesregierung über einen Antrag im Bundesrat zu einem leichterem Abschuss von Wölfen in Deutschland drängen. Bei dieser Bundesratsinitiative würde man mitgehen, sagt Verbandsvertreter Müller. Der für die Jagd zuständige bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) sagte Mitte Dezember: „Der Bund ist hier in der Pflicht, die Rechtsgrundlagen zu schaffen, indem eben der Wolf in den günstigen Erhaltungszustand eingestuft werden soll und muss.“

Eder erklärt dagegen: „Man spricht erst dann von einem guten Erhaltungszustand, wenn die Population so ist, dass sie sich alleine erhalten kann. In Rheinland-Pfalz können wir nicht sagen, dass das ein guter Erhaltungszustand erreicht ist.“ Selbst in ganz Deutschland mit seinen etwas mehr als 180 Rudeln könne nicht von einer Überpopulation gesprochen werden.

Der Geschäftsführer des Landesjagdverbandes (LJV) Rheinland-Pfalz, Sven Bischoff, sieht den Ball nichtsdestotrotz bei der Politik. „Die Politik muss sich überlegen, wo die Reise mit dem Wolf hingehen soll“, sagt er. Dass eine Bejagung des Wolfs funktionieren könne, zeige Österreich. Dort seien so die Risszahlen halbiert worden.

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