Rheinland-Pfalz Promille-Radler muss absteigen

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NEUSTADT/LUDWIGSHAFEN (jüm). Nicht nur am Steuer kann Alkohol gravierende Folgen haben. Um diese Erkenntnis ist ein Ludwigshafener nach einer feuchtfröhlichen Radtour zum Weinstraßen-Erlebnistag reicher. Das Verwaltungsgericht Neustadt hat es jetzt als „offensichtlich rechtmäßig“ bezeichnet, dass der Mann nicht nur seinen Auto-Führerschein verliert, sondern auch nicht mehr Radfahren darf.

Für den Ludwigshafener endete der Weinstraßen-Ausflug am Abend des letzten August-Sonntages 2012 gleich in mehrfacher Hinsicht schmerzhaft. Auf der Heimfahrt kam er nach Polizeiangaben zwischen Weisenheim am Sand und Birkenheide einem links neben ihm strampelnden Radler ins Gehege. Beide Männer stürzten zu Boden und verletzten sich. Die am Unfallort eintreffenden Polizisten registrierten laut Einsatzbericht eine deutlich verwaschene Aussprache der Verunglückten. Außerdem hätten sie fortlaufend Probleme gehabt, das Gleichgewicht zu halten. Die Beamten ordneten daraufhin eine Blutprobe an. Das Ergebnis: Der Ludwigshafener hatte sage und schreibe 2,02 Promille intus. Diese Erkenntnis brachte dem Radler ein Strafverfahren wegen vorsätzlicher Straßenverkehrsgefährdung und fahrlässiger Körperverletzung ein. Das endete im September 2013 erst, nachdem der Mann sich zu einer Zahlung von 500 Euro an die Staatskasse bereit erklärt hatte. Doch damit nicht genug. Jetzt trat die Führerscheinstelle der Stadt Ludwigshafen auf den Plan. Angesichts der festgestellten 2,02 Promille meldete die Behörde Zweifel an der Fahreignung des Radlers an. Um die zu entkräften, solle er ein medizinisch-psychologisches Gutachten – im Volksmund auch „Idiotentest genannt– beibringen, das diese Bedenken zerstreue. Weil aber der Ludwigshafener dieser Aufforderung nicht nachkam, kassierte die Behörde Anfang Oktober dieses Jahres nicht nur seinen Auto-Führerschein, sondern verbot ihm auch das Radfahren. Was noch immer wenig bekannt ist: Ein solches Drahtesel-Fahrverbot ist in Rheinland-Pfalz seit dem Jahr 2012 möglich. Damals entschied das Oberverwaltungsgericht in Koblenz, dass ein medizinisch-psychologisches Gutachten von einem Radfahrer verlangt werden kann, wenn er auf dem Sattel mit mindestens 1,6 Promille erwischt wird. Das gilt selbst dann, wenn der Radler nicht in einen Unfall verwickelt ist und im Verkehr keine Auffälligkeiten zeigt. Die Koblenzer Richter folgten damit der Rechtsprechung in den meisten übrigen Bundesländern. „Wer nicht erheblich an Alkohol gewöhnt ist, kann bei dieser Alkoholisierung sein Fahrrad nicht wiederfinden, aufschließen oder besteigen – von Fahren ganz zu schweigen“, stellt Roland Huhn, Rechtsreferent des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), mit Blick auf die 1,6 Promille fest. Schon ein Wert von mehr als ein Promille gehe über einen leichten Rausch hinaus und werde bei geselligen Anlässen nur selten erreicht, so Huhn weiter. Seit längerem wird denn auch auf Bundesebene über noch strengere Regelungen für Promille-Radler diskutiert. Dafür hatte sich im vergangenen Jahr auch die Verkehrsministerkonferenz der Länder stark gemacht. Kritiker warnen davor, dass Alkoholsünder dadurch womöglich motiviert werden, lieber ins bequeme Auto als aufs schwankende Rad zu steigen. Schließlich darf, wer betrunken auf vier Rädern erwischt wird, immerhin weiter mit dem Zweirad fahren. Wie auch immer: Die Justizministerkonferenz jedenfalls hat erst Anfang November zum Thema Fahruntüchtigkeit von Radfahrern erklärt, man sehe „keinen gesetzgeberischen Handlungsbedarf“. Sie verweist darauf, dass sich Radfahrer nach geltender Rechtslage sogar schon ab einem Wert von 0,3 Promille strafbar machen können. Nämlich dann, wenn sie alkoholbedingte Ausfallerscheinungen erkennen lassen. Im Falle des Ludwigshafener Radfahrers reichte auch dem Neustadter Verwaltungsgericht die derzeitige Rechtslage vollkommen aus: Wer in erheblich alkoholisiertem Zustand am Straßenverkehr teilnehme, stelle mit jedem Fahrzeug eine erhebliche Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs dar. Wer mit zwei Promille erwischt werde, müsse schon aus Gründen der Gefahrenabwehr Zweifel an seiner Fahreignung ausräumen. Mit dieser Begründung wiesen die Richter den Eilantrag des Radlers gegen das Fahrverbot der Führerscheinstelle ab. Gegen diese Entscheidung ist Beschwerde zum Koblenzer Oberverwaltungsgericht möglich.

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