Rheinland-Pfalz Parteienstreit um Flüchtlinge

(kad). Flüchtlinge sollen in Rheinland-Pfalz länger in den Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben und sie sollen die Möglichkeit erhalten, schneller Deutsch zu lernen. Das kündigte Integrationsministerin Irene Alt (Grüne) gestern in ihrer Regierungserklärung im Landtag an. (siehe Seite 1.) CDU-Chefin Julia Klöckner sagte, sie fühle sich in ihrem Kurs bestätigt, den sie mit dem Flüchtlingsgipfel eingeschlagen hat.

MAINZ Seit Jahresbeginn prägt die Flüchtlingspolitik die landespolitische Debatte wie sonst nur der Terroranschlag in Paris. Nachdem Kritik aus den Kommunen laut wurde, geht es um die Frage, ob das Land die richtigen Rahmenbedingungen schafft, dass der größer werdende Flüchtlingsstrom gut aufgenommen werden kann – 10.000 Frauen, Männer und Kinder kamen im Vorjahr . In diesem Jahr werden 15.000 erwartet. Alts Regierungserklärung ging kaum darüber hinaus, was sie vor zwei Wochen bereits mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer angekündigt hatte, etwa eine dritte und vierte Erstaufnahmeeinrichtung in Hermeskeil und Kusel. Die Ministerin bezog auch Position zu dem von der CDU geäußerten Vorwurf, das Land würde abgelehnte Asylbewerber nicht konsequent genug abschieben. Für die freiwillige Rückkehr seien 1,3 Millionen Euro im Haushalt eingestellt, sagte Alt. „Weil sie die Würde der Menschen achtet, ist sie Zwangsmaßnahmen immer vorzuziehen.“ 2013 seien 787 Personen freiwillig ausgereist, im gleichen Jahr seien 223 Personen abgeschoben worden. Alt kritisierte, dass die Asylverfahren beim Bund mehr als sieben Monate dauerten, obwohl die Große Koalition selbst drei Monate anstrebe. Den Kommunen will Alt helfen, indem Flüchtlinge länger in den Erstaufnahmeeinrichtungen bleiben. Bis zu drei Monate sind gesetzlich möglich, derzeit sind es wegen der Engpässe häufig nur wenige Wochen. Das setzt allerdings voraus, dass die Aufnahmeeinrichtungen in Hermeskeil und Kusel auch zügig geschaffen werden. Für die psycho-soziale Betreuung derjenigen Flüchtlinge, die von den Erlebnissen in der Heimat und auf der Flucht traumatisiert seien, solle eine psychosoziale Versorgung im Süden des Landes aufgebaut werden. Bisher gibt es nur eine im Norden. CDU-Chefin Julia Klöckner meldete weiteren Handlungsbedarf an: Den Kommunen sei nicht geholfen, wenn sie nun Kredite bei der landeseigenen Förderbank ISB aufnehmen könnten, um zusätzlichen Wohnraum für Flüchtlinge zu errichten. Das würde die Verschuldung der Kommunen nur erhöhen. Klöckner verwies auf die 41 Punkte, die auf der Grundlage des CDU-Flüchtlingsgipfels erarbeitet wurden. Der SPD warf sie vor, abgeschrieben zu haben. Dies jedoch wies SPD-Fraktionschef Alexander Schweitzer scharf zurück. Sein Vorschlag, beim Integrationsministerium eine Koordinierungsstelle für Kommunen einzurichten, stehe nicht auf der CDU-Liste. Schweitzer lobte Alts Regierungserklärung als „stark und klar“, er hob die positive Grundstimmung für die Aufnahme der Flüchtlinge in der Gesellschaft hervor und warnte, sie solle nicht durch eine „falsche politische Polarisierung“ aufs Spiel gesetzt werden. Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler sagte, Rheinland-Pfalz stehe für die humanste Flüchtlingspolitik Deutschlands und stichelte in Richtung Union: „Ich finde es gut, wenn jetzt auch die CDU die Flüchtlingspolitik für sich entdeckt.“

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