Rheinland-Pfalz Der Spar-Effekt ist schwer zu berechnen

Waldsee. Auch wenn ihr Wecker wie immer geklingelt und ihre Kaffeemaschine wie immer geblubbert hat: Etwa 235.000 Pfälzer sind heute in neuen Verwaltungseinheiten aufgewacht. Denn über Nacht ist die von der Landesregierung verfügte Gebietsreform in Kraft getreten. Mit ihr soll Geld gespart werden: mittel- und längerfristig 15 bis 20 Prozent, im Einzelfall sogar noch mehr. Im Rhein-Pfalz-Kreis zum Beispiel ist deshalb um 0 Uhr die bisherige Verbandsgemeinde Waldsee von der Landkarte verschwunden. Stattdessen gibt es jetzt ein neues Gebilde gleichen Namens, zu dem neben den beiden Ortsgemeinden Waldsee und Otterstadt auch die zwei bislang selbstständigen Dörfer Altrip und Neuhofen gehören. Trotzdem sitzen in deren Rathäusern heute alle Beschäftigten noch auf dem Stuhl, auf dem sie bisher schon saßen. Auch in der neuen Verbandsgemeinde Otterbach-Otterberg (Kreis Kaiserslautern) hat sich von gestern auf heute äußerlich nichts verändert. Aber dort ist ohnehin alles schon so, wie es in Zukunft sein soll: Die Verwaltung hat sich vorab neu organisiert. Bereits seit dem 13. Juni sind die Abteilungen auf die bisherigen Rathäuser aufgeteilt. In Thaleischweiler-Fröschen hingegen macht sich Verbandsbürgermeister Thomas Peifer (CDU) noch Gedanken, was ins Rathaus des Fusionspartners Wallhalben ausgelagert wird. Sein Waldseer Kollege Otto Reiland (CDU) hat zumindest schon einen Zeitplan: Im September oder Oktober werden etwa zehn Leute in die neue Verwaltungszentrale umziehen. Die übrigen sollen bis zum Frühjahr folgen. Dafür muss erweitert und umgebaut werden – bis zu 500.000 Euro wird das kosten, überschlägt Reiland. Im Gegenzug spendiert das Land der neuen Verbandsgemeinde und ihren Ortsgemeinden zur Fusion etwa 3,5 Millionen Euro. Dass ihre Verwaltung auf Dauer etwa 15 Prozent weniger Kosten produziert, kann sich Reiland für seine vergrößerte Verbandsgemeinde tatsächlich vorstellen. Doch genau berechnen kann er den Spar-Effekt nicht, da geht es ihm so wie anderen Bürgermeistern. Günstiger werden beispielsweise Versicherungen und Computer-Lizenzen und – im Fall der Rhein-Anlieger-Gemeinde Waldsee – die Umlagen für die Schnakenbekämpfung. Entscheidender sind aber die Personalkosten. Mancherorts könnten Arbeitsplätze wegfallen. Und vor allem gibt es weniger gut bezahlte Chef-Stellen, wenn es weniger Verwaltungen gibt. Doch niemand wird betriebsbedingt entlassen. Und wer bislang Fachbereichsleiter war, wird weiterhin so bezahlt, auch wenn ein Kollege aus dem bisherigen Nachbarrathaus den Posten bekommt. Günstiger verwaltet wird also erst, wenn Beschäftigte ausscheiden. Wann sie gehen, ist im Fall der VG Waldsee derzeit nur für die Bürgermeister von Altrip und Neuhofen konkret absehbar. Sie können weitermachen, bis ihre Amtszeit abgelaufen ist – der eine bis Mitte 2015, der andere bis Mitte 2017. Danach kommen ehrenamtliche Ortsbürgermeister, die kein monatliches Brutto-Grundgehalt von etwa 6000 Euro bekommen, sondern eine „Aufwandsentschädigung“ von knapp 2000 Euro. Dafür könnten Referatsleiter im Rathaus künftig besser verdienen, weil die Verbandsgemeinde größer geworden ist. Aber das, sagt Reiland, passiert „frühestens zum 1. Januar 2016“ – und soll auch von der Leistung der Betroffenen abhängen. Doch es gibt einen Mitarbeiter, der automatisch mehr Geld bekommt, wenn er mehr Einwohner regiert. Auch wenn sein Wecker heute wie immer geklingelt und seine Kaffeemaschine wie immer geblubbert hat: Dank Gebietsreform ist das monatliche Grundgehalt des Waldseer Verbandsbürgermeisters jetzt etwa 600 Euro höher.

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