Rheinland-Pfalz Berliner Arbeitsministerium lädt zum Gespräch

NEUSTADT. Wann muss für Hüttendienstler Mindestlohn gezahlt werden? Zur Klärung dieser Frage bietet das Bundesarbeitsministerium der Führung des Pfälzerwald-Vereins (PWV) ein Gespräch im Januar an. Die Ortsgruppen des Vereins hoffen auf eine rasche und unbürokratische Lösung. Und damit in Berlin auch wirklich verstanden wird, was hier auf dem Spiel steht, hat ein Vorsitzender einen besonderen Wunsch: Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) möge doch mal zum Hüttendienst in die Pfalz kommen.

In seinem Schreiben an den Verein bekräftigt das Ministerium: Entscheidend für die Beantwortung der Mindestlohn-Frage sei, ob ein Helfer einen Hüttendienst aus „Gewinnerzielungsabsicht“ übernehme oder nicht. Schiebt er also Dienst am Kochtopf, um Geld zu verdienen, oder macht er das hauptsächlich, weil er die Pfälzer Hüttenkultur hochhalten möchte und Freude an der Geselligkeit hat? Geht es mehr ums Geldverdienen, müssen ab Januar 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden, sagt das Ministerium. In Berlin ist man überzeugt: Dies bei jedem ihrer Hüttendienstler zu beurteilen, das könnten die Vereine bis zum Jahreswechsel noch selber schaffen. Dafür würden sie auch keine behördliche Genehmigung oder Rücksprache benötigen. Gegebenenfalls ließe sich die Frage „Liegt Gewinnerzielungsabsicht vor oder ist die Person am Gemeinwohl orientiert“ auch in einem kurzen Gespräch mit den Helfern klären. Damit wäre dann zumindest die Zeit bis zu dem für Januar angebotenen Gespräch mit den Fachleuten des Ministeriums in Berlin oder Bonn überbrückt. Nach Telefongesprächen mit einem kompetenten Mitarbeiter im Bundesarbeitsministerium zeigt sich die PWV-Führungsspitze seit gestern Nachmittag vorsichtig optimistisch: „Der gute Wille ist erkennbar“, sagte PWV-Geschäftsführer Bernd Wallner gegenüber der RHEINPFALZ. Wie berichtet, waren in den Wochen und Monaten zuvor Hilferufe des Vereins in Berlin nicht auf das erhoffte Verständnis gestoßen. Zwar gebe es noch keinen konkreten Termin für das Gespräch mit dem Ministerium, so Wallner weiter. Doch sei man in Berlin offenbar bestrebt, bei dem Treffen „eine umfassende Lösung zu finden“. Und zwar eine, bei der sowohl die Mindestlohn-Thematik als auch die steuerliche Seite berücksichtigt werde. Sollte das nicht gelingen, werde er das Thema parlamentarisch aufgreifen, kündigte Christian Baldauf, der stellvertretende CDU-Fraktionschef im Mainzer Landtag, an. Wie berichtet, stellt sich die Mindestlohn-Frage allein beim PWV bei 52 Hütten. Viele der betroffenen Vorstände sehen dem neuen Jahr besorgt entgegen. Angesichts der früheren Reaktionen aus Berlin fühlt sich so mancher recht alleingelassen: Was wird sein, wenn in zwei oder drei Jahren staatliche Kontrolleure feststellen, dass die Vorstände bei der Mindestlohn-Einschätzung ihrer Mitglieder falsch lagen? Wären dann außer einer saftigen Nachzahlung noch weitere Konsequenzen zu befürchten? Manche verstehen auch nicht, was die geforderte Unterscheidung zwischen Hüttendienstlern, die aus „Gewinnerzielungsabsicht“ handeln, und solchen, auf die das nicht zutrifft, überhaupt soll. Erhalten doch die Helfer im Durchschnitt nur zwei bis vier Euro pro Stunde. Wem es ums Geldverdienen gehe, der suche sich doch angesichts solcher Beträge lieber anderswo einen Job. Aufgrund der zermürbenden Ungewissheit sieht sich so mancher PWV-Vorstand in der Zwickmühle: „8,50 Euro pro Stunde wären auf keinen Fall zu stemmen“, heißt es etwa bei der Ortsgruppe Ludwigshafen-Oppau. Sollte keine Lösung gefunden werden, „müssen wir die Weilach-Hütte nach 50 Jahren schließen“, befürchtet Bärbel Kistner vom Bad Dürkheimer PWV. „Das wäre eine Schande.“ Eine Schließung als letzter Ausweg wäre freilich gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Nicht nur, weil manche Häuser gerade erst modernisiert wurden und die Kredite noch lange nicht abgestottert sind. Vielmehr lassen sich auch die abbezahlten Häuser nicht so einfach dicht machen: „Wir haben fixe Verträge für Gas, Strom, Wasser oder Versicherungen“, erklärt Peter Stuhlfauth aus Oppau. Zu den kleineren Häusern zählt die Neidenfelser Lichtensteinhütte. Dort erhalten die Helfer einen Verpflegungszuschuss. An Werktagen gibt es zehn Euro, an Sonntagen 20 Euro – wohlgemerkt: nicht pro Stunde, sondern für den kompletten Dienst. An manchen Tagen kommt nicht mal das an Umsatz herein, sagt der Vorsitzende Heinz Seiler. Seine Mitglieder weist Seiler trotzdem vorsorglich auf das Mindestlohngesetz hin und bittet um Bestätigung, dass es ihnen bei den Hüttendiensten nicht um die paar Euro gehe. „Wir möchten doch nur, dass der Verein weiterbesteht und Wanderer einkehren können“, sagt der 62-Jährige gegenüber der RHEINPFALZ. „Als Vorstand will man alles richtig machen und muss dann festzustellen, dass man mit einem Bein im Gefängnis steht.“ Toll wäre es, meint Seiler, wenn Ministerin Nahles mal zu einem Hüttendienst nach Neidenfels käme. „Damit sie sieht, wie das bei uns so läuft mit der Gewinnerzielungsabsicht.“

x