Politik Wenn beim Arbeiten Grenzen überschritten werden

Auf grenzüberschreitenden Jobmessen wie dieser in Seltz können sich Arbeitssuchende über Beschäftigungsmöglichkeiten im Nachbarl
Auf grenzüberschreitenden Jobmessen wie dieser in Seltz können sich Arbeitssuchende über Beschäftigungsmöglichkeiten im Nachbarland informieren und beraten lassen.

Grenzen überwinden – nicht jeder macht das freiwillig. Aber wer im eigenen Land keine oder nicht die passende Arbeit findet, der wird vielleicht im Nachbarland fündig, beispielsweise als Franzose in der Pfalz. Hilfestellung dabei leisten grenzüberschreitende Arbeitsvermittlungen und ein EU-weites Netzwerk.

Mireine Nitcheu wirkt noch heute etwas überrascht, wenn sie auf jene E-Mail zu sprechen kommt, die sie 2016 vom für sie zuständigen pôle emploi, der französischen Arbeitsagentur, erhielt. Die Französin, die damals auf Arbeitssuche war, wurde in der Mail auf eine Informationsveranstaltung in Landau aufmerksam gemacht, die sich an Franzosen richtete, die in Deutschland einen Job suchten. Nitcheu, die zuvor ein Jahr lang in Deutschland gelebt und studiert hatte und dann nach Frankreich zurückgekehrt war, fuhr in die Südpfalz. Anfänglich habe sie etwas im Bereich Logistik/Vertrieb gesucht, erinnert sie sich. Aber einige Monate später erreichte sie eine zweite Mail, in der ihr eine Stelle in einer Grundschule in Hagenbach angeboten wurde. Sie sollte dort Kinder mit Migrationshintergrund als interkulturelle Assistentin betreuen. Zwei Jahre lang arbeitete Nitcheu in verschiedenen Schulen in der Südpfalz, inzwischen ist sie als Betreuungskraft an einer Ganztagsschule in Karlsruhe tätig. Und der nächste Schritt steht schon bevor: Im August beginnt sie in Edenkoben eine dreijährige Ausbildung zur Erzieherin, die von der Arbeitsagentur koordiniert und begleitet wird. „Mir macht die Arbeit viel Spaß“, erzählt Nitcheu, die mit ihrer Familie im elsässischen Lauterbourg lebt und und deren Kinder eine zweisprachige Schule besuchen. Sie betont, dass sie von der Arbeitsagentur „sehr gut betreut“ worden sei. Ihrerseits bringt Mireine Nitcheu eine Fähigkeit mit, die heutzutage vielen, insbesondere jüngeren Menschen fehlt, die auf der anderen Seite der Grenze arbeiten möchten: Sie spricht gut Deutsch. Dass die Arbeitsagenturen in Deutschland und Frankreich zusammenarbeiten, habe sie vorher nicht gewusst, erzählt sie. Tatsächlich findet seit einigen Jahren zwischen den Agenturen beider Länder eine enge Kooperation statt. 2013 wurde die erste grenzüberschreitende Arbeitsvermittlung eingerichtet, inzwischen besteht entlang der Grenze ein lückenloses Netz. Dabei wird nicht nur über die Grenze hinweg beraten und vermittelt, sondern es gibt auch entsprechende Veranstaltungen. So findet am 16. Mai in Saarbrücken die interregionale Jobmesse der Großregion statt. 150 Unternehmen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland, Frankreich und Luxemburg werden in der Saarlandhalle ihre Angebote für einen Arbeits-, Ausbildungs- oder Studienplatz diesseits oder auch jenseits der Grenze präsentieren. Veranstaltet wird die Messe vom Eures-T-Netzwerk, das regelmäßig mit solchen Veranstaltungen die Suche nach einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz unterstützt. Dem Netzwerk gehören neben den Arbeitsverwaltungen und den Landesregierungen auch Arbeitnehmer- und Arbeitgeberverbände an. „Eures“ steht für „European Employment Services“ und ist ein Programm der Europäischen Kommission, mit dem die grenzüberschreitende Mobilität auf den Arbeitsmärkten gefördert werden soll. Für diese Aufgabe stehen EU-weit mehr als 1000 Berater bereit. In Rheinland-Pfalz gibt es zum einen die Eures-T-Großregion, zu der auch das Saarland, Lothringen, Luxemburg, die Wallonie und die deutschsprachige Gemeinschaft in Belgien zählen. In Eures-T-Oberrhein sind die Südpfalz, Baden-Württemberg, Frankreich und die Schweiz vertreten. Diesseits der Grenze zu arbeiten und im Nachbarland zu leben, ist für viele Europäer längst Alltag. Mehr als 1,4 Millionen Menschen in der EU sind berufsbedingt Grenzgänger. So arbeiten in pfälzischen Betrieben und Verwaltungen viele Mitarbeiter aus dem benachbarten Ausland. Etwa 1200 Franzosen pendeln, Stand Mitte vergangenen Jahres, zur Arbeit in die Region Kaiserslautern-Pirmasens, weitere 2700 fahren zum Arbeiten in die Südpfalz. Hier machen sich auch die unterschiedlichen Situationen auf den nationalen und regionalen Arbeitsmärkten bemerkbar – während viele deutsche Unternehmen händeringend Mitarbeiter suchen, ist es in Frankreich deutlich schwieriger, einen Job zu finden. Häufig stoßen diese Pendler auf unterschiedliche nationale Gegebenheiten, ob im Arbeits- oder im Steuerrecht. Unterstützung finden sie in solchen Fällen bei den Eures-Beratern. In der Pfalz sind zwei Beraterinnen tägig; je eine bei der Bundesagentur für Arbeit in Kaiserslautern-Pirmasens und in Landau. Info Am 26. Mai wird das Europäische Parlament neu gewählt. Die Wähler in Deutschland entscheiden darüber, wie die 96 auf Deutschland entfallenden Mandate besetzt werden. Wie „Europa“ unser Leben bestimmt, darum geht es in dieser Serie, deren bisherige Teile am 16., 25. und 29. April sowie am 2. Mai erschienen sind.

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