Politik Ungarn will alle Flüchtlinge internieren

91-95319881.jpg

Budapest. Das mit breiter Mehrheit beschlossene Gesetz sieht vor, dass Asylbewerber während der Dauer ihres Verfahrens in sogenannten Transitzonen bleiben müssen. Lediglich eine Rückkehr über die Grenze nach Serbien ist möglich. Die zwei umzäunten Container-Burgen befinden sich unmittelbar an der Grenze zum Nachbarland. Es sind die einzigen Stellen, an denen Flüchtlinge einen Asylantrag in Ungarn stellen können. Der neuen Regelung zufolge sollen auch unbegleitete Minderjährige im Alter von 14 bis 18 Jahren dort interniert werden. Auch die Asylbewerber, die derzeit in offenen Lagern im Innern des Landes leben, sollen in die „Transitzonen“ gebracht werden. Für die Vorlage des Innenministeriums stimmten die Abgeordneten der Regierungspartei Fidesz von Ministerpräsident Viktor Orbán sowie die der oppositionellen rechtsextremen Jobbik-Partei. Das neue Gesetz muss von Staatspräsident János Ader gegengezeichnet werden. Die Vereinten Nationen zeigten sich über die erneute Verschärfung der ungarischen Asylpolitik zutiefst besorgt. Mit dem neuen Gesetz verletze Ungarn internationales und europäisches Recht, teilte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR mit. „Praktisch wird jeder Asylbewerber, darunter auch Kinder, lange Zeit in Schiffscontainern hausen müssen, die von hohem Stacheldraht umgeben sind“, hieß es. Die Flüchtlingsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, äußerte Entsetzen. „Ungarn kriminalisiert mit diesem Gesetz Flüchtlinge, die nichts anderes getan haben, als aus ihrer Heimat zu fliehen“, sagte die Staatsministerin. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) bezeichnete in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ den ungarischen Beschluss als „schwierig“. „Das ist nicht unser Umgang mit Menschen in Not. Für mich steht die Humanität im Vordergrund“, sagte Müller. Ungarn schottet sich seit dem Herbst 2015 mit Stacheldrahtzäunen an den Grenzen zu Serbien und Kroatien gegen Flüchtlinge ab. An den beiden „Transitzonen“ werden derzeit täglich im Schnitt zehn Asylbewerber ins Land gelassen. Mit dem gestrigen Parlamentsvotum wurde eine Praxis wieder eingeführt, die Ungarn 2013 unter dem Druck von EU, UN und dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ausgesetzt hatte. Orbán begründete die Initiative mit von Migranten verübten Anschlägen in Europa in jüngster Zeit. Zudem hieß es von Seiten der ungarischen Regierung, dass das Land einem immer noch andauernden „Migrationsdruck“ ausgesetzt sei. Dabei steuern seit der Schließung der sogenannten Balkanroute vor einem Jahr vergleichsweise wenige Flüchtlinge Ungarn an. |dpa/kna/afp

x