Politik Trumps geschasster Büchsenspanner

Der Tag, an dem Steve Bannon gefeuert wurde, war noch nicht zu Ende, da saß Donald Trumps Chefideologe schon wieder unter alten Vertrauten, um eine Sitzung zu leiten. Kaum aus dem Weißen Haus entlassen, übernahm er wieder die Leitung von Breitbart News, der Online-Plattform, aus der er im Wahlkampf ein rechtspopulistisches Sprachrohr des New Yorker Baulöwen gemacht hatte. Bannon denkt nicht daran, sich ins Privatleben zurückzuziehen, so viel ist klar. Er bleibt auf der politischen Bühne, im Ton so ruppig wie immer. Noch am Freitag skizzierte er im „Weekly Standard“, einer konservativen Zeitschrift, wie er sich die Zukunft vorstellt. „Die Trump-Präsidentschaft, für die wir gekämpft und die wir gewonnen haben, ist passé“, sagte er. Und fuhr fort: „Jetzt bin ich frei. Ich habe meine Waffen wieder zur Hand. Jemand hat gesagt, das ist Bannon, der Barbar. Ich werde die Opposition zerquetschen, daran kann kein Zweifel bestehen.“ Er habe bei Breitbart eine verdammt gute Maschine gebaut, die werde er jetzt auf Touren bringen. Mit der Opposition sind weniger die Demokraten im Kongress gemeint als vielmehr seine Widersacher im Westflügel des Weißen Hauses, Leute, die er „Globalisten“ nennt. Allen voran Ex-General Herbert Raymond McMaster, Trumps Sicherheitsberater, und der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Gary Cohn, Trumps ranghöchster Wirtschaftsratgeber. Dazu Jared Kushner, der Schwiegersohn des Präsidenten. Das Tauziehen zwischen einer weltoffeneren Fraktion und nationalistischen Hardlinern werde auch dann weitergehen, wenn Steve Bannon nicht mehr am Kabinettstisch sitze, orakelte Robert Costa, Reporter der „Washington Post“. Im Korsett einer Regierung zu arbeiten sei ohnehin schwierig gewesen für einen Mann wie Bannon, der das System zerstören wollte. Offenbar hat Costa recht. Als sich die Wege Bannons, des rechten Hardliners, und Trumps, Star der Fernsehshow „The Apprentice“ („der Lehrling“), deren Quoten allmählich sanken, 2011 erstmals kreuzten, soll der Funke zwischen beiden sofort übergesprungen sein. Das schreibt zumindest der Journalist Joshua Green in seinem gerade erschienenen Buch „Devil’s Bargain“ („Teufelshandel“). Wie Trump habe Bannon mehrere Ehen durchlaufen, „ein reicher Mensch mit dem Temperament eines Vulkans, poltrig und meinungsstark und niemals von Selbstzweifeln befallen“. Bannon, schreibt Green, habe den Tycoon mit einem vollständig ausgeformten, in sich geschlossenen Weltbild ausgestattet, das sich mit Trumps eigenen Gefühlen zu globalem Handel und ausländischen Bedrohungen überschnitt. Zudem fand Trump Gefallen an Außenseitern wie Bannon, weil er selber einer war. In New York hatte sich sein Vater Fred mit Bauprojekten in Brooklyn begnügt – Zweite Liga. Als er auf der Wolkenkratzerinsel Manhattan mitzumischen begann, wurde er anfangs nur belächelt von den Platzhirschen der Champions League. Bannon, der Sohn eines Telefoningenieurs, ging zur Kriegsmarine, studierte in Harvard und wurde Investmentbanker bei Goldman Sachs, bevor er in Beverly Hills eine eigene, aufs Filmgeschäft spezialisierte Bank gründete, mit der er reich wurde. Nach der Finanzkrise 2008 machte er das Establishment in Washington, Demokraten wie Republikaner, für den Crash verantwortlich. Deren wertefreie Gesellschaftspolitik habe eine Kultur geschaffen, die der Wall Street das Gefühl vermittele, nunmehr sei alles erlaubt, polterte er. Später machte er die Bekanntschaft Robert Mercers, eines Hedgefonds-Managers, der Aktivisten unterstützte, die Maschinengewehre sammeln und in Klimaverträgen ein Komplott der UN gegen die USA sehen. Mercer spendete, damit Bannon sein Korrespondentennetz bei Breitbart ausbauen konnte. Im August 2016 legte er Trump ans Herz, seinem Protegé die Leitung der seinerzeit schwächelnden Kampagne zu übertragen. Trump folgte dem Rat. Woraufhin eine Parole Bannons immer stärker in den Vordergrund rückte: America first, zuerst die USA. „Finsternis ist gut. Dick Cheney. Darth Vader. Satan. Das bedeutet Macht“: Wie ein Gothic-Anhänger gab sich der Chefstratege fürderhin, nur war er nicht mit schwarzen Klamotten, dunkler Schminke und düsteren Songs zufrieden. Er war es, der Trumps düstere Rede zur Amtseinführung skizzierte. Er führte Regie, als Trump einen Einreisestopp für Bürger sieben islamisch geprägter Länder erließ. Er redete protektionistischen Hürden das Wort, um den ökonomischen Vormarsch Chinas in der Welt aufzuhalten. Es dauerte nicht lange, da porträtierte die Satireshow „Saturday Night Live“ Bannon als Sensenmann, der über Leben und Tod entscheidet. Es gibt eine Szene, in der er Trump auffordert, den Schreibtisch im Oval Office für ihn zu räumen und stattdessen am Katzentisch Platz zu nehmen, was dieser im Stil eines Untergebenen tut. Der Sketch, heißt es, habe den Präsidenten schwer geärgert, ebenso wie ein Titel des Magazins „Time“, auf dem Bannon als „Großer Manipulator“ abgebildet war. Trump hasst es, das Rampenlicht streitig gemacht zu bekommen. Bannon sei auch nur „ein Kerl“, der für ihn arbeite, stutzte er diesen im April öffentlich zurecht. Wenn das ein Warnschuss war, hat Bannon ihn nicht gehört. Vergangene Woche rief der Geschasste Robert Kuttner an, Chef des „American Prospect“, einer linken Publikation. Er sprach von Gegnern und prahlte, er werde im Pentagon wie im Außenministerium eigene Leute einschleusen. „Die machen sich in die Hosen“, witzelte er über die Rivalen. Es war wohl der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte.

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