Bonn „Schabowski-Zettel“: Haus der Geschichte muss Auskunft geben

Ausschnitt aus dem Schabowski-Zettel.
Ausschnitt aus dem Schabowski-Zettel.

Das Haus der Geschichte in Bonn muss der Presse Auskunft über die Namen des Erst- und Zweitverkäufers des „Schabowski-Zettels“ erteilen. Mit seiner Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Köln am Dienstag der Klage eines Journalisten der „Bild“-Zeitung teilweise stattgegeben

Der mit Kugelschreiber beschriebene Zettel war 2015 in die Sammlung des Bonner Museums zur deutschen Nachkriegsgeschichte gelangt. Die Bundesstiftung hatte den Zettel zuvor nach Gerichtsangaben zu einem Kaufpreis von 25.000 Euro erworben. Der Zweitverkäufer hatte den „Schabowski-Zettel“ zuvor von einem ebenfalls nicht namentlich bekannten Erstverkäufer erworben.

Bei dem im Bonner Museum befindlichen Exponat handelt es sich um den Sprechzettel, von dem das SED- Politbüromitglied Günter Schabowski auf einer Pressekonferenz am 9. November 1989 eine neue Regelung für die Reisen von DDR-Bürgern ins westliche Ausland ablas. Damals sagte Schabowski vor laufenden Kameras: „Das tritt meiner Kenntnis... ist das sofort, unverzüglich.“ Diese Aussage zum unmittelbaren Inkrafttreten der Reiseregelung führte wenige Stunden später zur ungeplanten Öffnung der Berliner Mauer.

Informationsinteresse der Presse überwiegt

Der klagende Journalist verlangte vom Haus der Geschichte zur Aufklärung der weiteren Erwerbshintergründe Auskunft über die Namen des Erst- und Zweitverkäufers sowie über den Wortlaut der Vereinbarung mit dem Zweitverkäufer. Das Haus der Geschichte lehnte dies ab und verwies auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Zweitverkäufers und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dem Zweitverkäufer sei mündlich zugesagt worden, dass er anonym bleiben könne. Zudem stehe die Stiftung bei Ankäufen von Ausstellungsstücken in Konkurrenz zu privaten Sammlungen und Museen und müsse wettbewerbsfähig bleiben.

Das Gericht ist der Argumentation des Hauses der Geschichte nicht gefolgt. Das Informationsinteresse der Presse überwiege und stehe über den Interessen des Zweitverkäufers und der Beklagten. Das Haus der Geschichte werde aus staatlichen Mitteln finanziert, und Ausstellungsstücke wie der „Schabowski-Zettel“ würden mit staatlichen Geldern erworben, erklärte das Gericht. Es bestehe somit ein generelles öffentliches Interesse an der Aufklärung der Erwerbshintergründe.

Zudem habe das Museum nicht dargelegt, aus welchem Grund es dem Verkäufer Anonymität zugesagt habe, hieß es. Somit komme dieser Zusage kein erhebliches Gewicht zu. Die Stiftung sei zur Erfüllung ihrer Aufgaben auch nicht zwingend darauf angewiesen, ihren Geschäftspartnern auf deren Verlangen hin Anonymität zuzusagen.

Witwe forderte die Herausgabe des Zettels,

Abgewiesen wurde die Klage des Journalisten jedoch hinsichtlich des Wortlauts der Vereinbarung zwischen dem Zweitverkäufer des Zettels und des Hauses der Geschichte. Dieses Begehren sei letztlich ein Begehren auf Akteneinsicht in den entsprechenden Kaufvertrag, erklärte das Gericht. Dies sei vom presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht gedeckt.

Gegen das Urteil können die Beteiligten einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.

Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, dass Witwe und Sohn des 2015 gestorbenen Schabowski eine Klärung herbeiführen wollten, ob der handschriftliche Notizzettel rechtmäßig von der Stiftung erworben wurde. Angeblich hatte sich laut Zeitungsbericht ein Bekannter vom erkrankten Schabowski das zeithistorische Dokument geliehen, es aber nie zurückgegeben. Die Witwe forderte die Herausgabe des Zettels, die Anwälte der Stiftung widersprachen. Daraufhin zog die „Bild“-Zeitung nach eigener Darstellung vor Gericht.

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