Ausland Südkorea: Präsidentenwahl zwischen Taekwondo und Raketentests

Der konservative Kandidat Yoon Seok Youl gibt sich kämpferisch.
Der konservative Kandidat Yoon Seok Youl gibt sich kämpferisch.

Südkorea wählt in Konfliktzeiten einen neuen Staatschef. Wird Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un mit einem Raketenfeuer den Machtkampf stören?

Bei dieser Wahl scheint beinahe alles erlaubt. Trampeln, Treten, Handkantenschläge wie bei der asiatischen Kampfkunst Taekwondo sind Teil der politischen Auseinandersetzung, aber auch verbale Nackenschläge, Verleumdung und lautstarke Beleidigungen. Eine solche Schlacht wie vor der Wahl des südkoreanischen Staatsoberhauptes an diesem Mittwoch hat es selbst im nicht zimperlichen Südkorea zuvor nur sehr selten gegeben.

Amtsinhaber Moon Jae In darf nach fünf Jahren Präsidentschaft nicht mehr wieder antreten. Zur Wahl stehen also im Wesentlichen zwei Bewerber, die nur eines gemeinsam haben: Populismus ohne Rücksicht.

In Korruptionsskandal verwickelt

Aus der „roten“ Ecke kommt der linksliberale Kandidat Lee Jae Myung von der demokratischen Regierungspartei Minju. Der 57-jährige Provinzgouverneur firmiert als Aufsteiger aus ärmlichen Verhältnissen und Gegenexponent des korrupten Establishments. Er setzt auf den sozialen Ausgleich. Dazu passt jedoch schlecht, dass er angeblich in einen Korruptionsskandal über Landentwicklung verwickelt ist.

Die „blaue“ Ecke im Machtkampf besetzt der Konservative Yoon Seok Youl von der oppositionellen People Power Party, ein ehemaliger Generalstaatsanwalt, der die inzwischen wieder begnadigte Ex-Präsidentin Park Geun-hye hinter Gitter gebracht hatte und sich mit dem Ruf eines Saubermanns schmückt. So weit ist es damit aber auch nicht her, denn der 61-Jährige musste sich im Wahlkampf Günstlingswirtschaft vorwerfen lassen.

Kims Provokationen

Nicht auf der Kandidatenliste steht einer, der am Ende zur entscheidenden Figur werden könnte: Nordkoreas Diktator Kim Jong Un. Der Machthaber in Pjöngjang könnte am Wahltag das Zünglein an der Waage spielen. Sollte Kim versucht sein, das Ergebnis durch einen neuerlichen Raketentest zu beeinflussen, würde er wider Willen dem Konservativen Yoon nutzen, der in dem aggressiven Nachbarn eine permanente Bedrohung sieht. Hält sich Nordkoreas Führer mit Provokationen zurück, würde das dem linksliberalen Parteifreund des bisherigen Präsidenten Moon nützen, der stets eine Versöhnung mit dem Kim-Regime anstrebte.

Aber Kim Yong Un hat bisher daran sehr wenig Interesse gezeigt und stattdessen in diesem Jahr schon mit mindestens neun Raketentests provoziert. In Seoul befürchtet man, das Regime in Pjöngjang könnte zum Wahltag wieder eine Interkontinentalrakete abfeuern und damit demonstrieren, dass es einen atomaren Machtanspruch auf der koreanischen Halbinsel verfolgt – unabhängig davon, wer in Seoul das Sagen hat.

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