Diplomatie Russische Spione und Rüpel unerwünscht

Gesprächsbereit: Kremlchef Wladimir Putin.
Gesprächsbereit: Kremlchef Wladimir Putin.

Russlands Diplomaten sollen im Ausland die Politik des Kremls vertreten. Doch immer mehr von ihnen müssen ihre Gastländer vor allem als mutmaßliche Spione verlassen. Nachdem die USA zehn Diplomaten ausgewiesen haben, zeigt sich Präsident Wladimir Putin gesprächsbereit.

An nur einem Tag weisen die USA und Polen insgesamt 13 russische Diplomaten aus. Zehn müssen wegen feindlicher Tätigkeit ihre Koffer in Washington packen, darunter Geheimdienstler. Polen erklärt drei russische Diplomaten zu „unerwünschten Personen“. Für Russland ist der Fall eine neue Eskalation in einer Schmierenkampagne des Westens. Doch die Ausweisungen stehen in einer Reihe von Fällen, in denen sich Russlands Elite im Ausland nicht nur von ihrer diplomatischen Seite zeigte.

Leugnen, hinterfragen, zurückweisen und schimpfen – so reagiert in aller Regel das russische Außenministerium, wenn etwa mehrere russische Diplomaten wegen mutmaßlicher Spionagetätigkeit ausreisen müssen. Der Außenpolitiker Leonid Sluzki verurteilt die Ausweisungen in Polen als „neue russophobe Geste“. Gehen müssen die drei Russen, weil sie für die Geheimdienste gearbeitet haben sollen.

Diplomat in flagranti ertappt

Russland sei zum Ausbau der Gespräche bereit, wenn auch andere bereit seien. Das habe Kremlchef Wladimir Putin wiederholt erklärt, sagte Sprecher Dmitri Peskow am Freitag laut Agentur Interfax. Putin sei überzeugt, dass die Beziehungen zwischen Ländern nicht eskalieren sollten. Biden hatte zuvor betont, keinen Konflikt mit Moskau einleiten zu wollen. Er drohte Moskau aber zugleich mit weiteren Maßnahmen, sollte sich „Russland weiterhin in unsere Demokratie“ einmischen.

Doch die Ausweisungen Polens und der USA sind nicht die einzigen Fälle in jüngster Zeit. Als Ende März in Italien ein russischer Diplomat in flagranti gefasst wird, als er einem Kapitän geheime Dokumente abkauft, müssen selbst der Kreml und das Außenministerium klein beigeben. Sie äußern freundlich die Hoffnung, dass der Vorfall die sonst guten russisch-italienischen Beziehungen nicht negativ beeinflusse. Rom weist trotzdem den Agenten und seinen Vorgesetzten aus.

Spionage-Zunahme beklagt

Eigentlich sollen die diplomatischen Vertreter im Ausland die Politik des russischen Präsidenten Wladimir Putin vertreten. Doch seit das Land unter dem früheren KGB-Mitarbeiter und ehemaligen Chef des Inlandsgeheimdienstes FSB wieder als selbstbewusste Atommacht auftritt, beklagt der Westen eine Zunahme der Spionage auch seitens russischer Botschaften und Konsulate. Allein 2020 habe Russland so viele unfreiwillige Heimkehrer unter Diplomaten gehabt wie seit Langem nicht mehr, schrieb die kremlkritische Zeitung „Nowaja Gaseta“. Die Niederlande, Österreich, Tschechien, die Slowakei, Frankreich und Norwegen etwa hätten Diplomaten nach Hause geschickt. Dieses Jahr dürfte schon jetzt die Vorjahreszahlen getoppt haben. Deutschland schickte einen russischen Diplomaten nach Hause – als Retourkutsche für Moskaus umstrittene Ausweisung eines deutschen Diplomaten, dem Russland die Teilnahme an illegalen Protesten gegen Putin vorwirft. Der Botschaftsmitarbeiter hatte dort aber lediglich als Beobachter die Lage analysiert.

Doch nicht nur vermeintliche oder echte russische Spione unter den Diplomaten sorgen für Aufsehen. Wegen rüpelhaften Verhaltens sieht sich seit Tagen der russische Militärattaché in Lettland in der Kritik. Wie auf Fotos im Internet zu sehen ist, zeigt er gleich zweimal den Mittelfinger, als sich Bürger über eine Gartenparty in Corona-Zeiten beschweren. Das Verhalten stehe beispielhaft für dreistes Benehmen russischer Diplomaten, meint der prominente Moskauer Oppositionelle Dmitri Gudkow. Die Geste zeige am besten, was der russische Machtapparat heute vom Westen halte.

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