Politik Recycelte Gedanken

Es klingt wie ein neuer Gedanke: SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz will eine europaweite Quote für Elektroautos. Doch der Gedanke ist nicht neu. Die EU-Kommission hat ihn bereits verworfen.

Das Auto ist angeblich der Deutschen liebstes Kind. Wenn also im fernen Brüssel Überlegungen zum fahrbaren Untersatz angestellt werden, wird die halbe Bundesrepublik hellhörig. Genau das geschah, als das „Handelsblatt“ von allerlei angeblichen Brüsseler Gedankenspielen berichtete. Demnach soll die EU-Kommission erwägen, eine verbindliche Quote ab 2025 für emissionsarme Fahrzeuge einzuführen. Wissend um die deutschen Befindlichkeiten, sah sich eine Sprecherin der Brüsseler Behörde gezwungen, umgehend zu reagieren: „Es hat niemals irgendwelche Pläne zur Einführung einer Quote für Elektroautos gegeben“, hieß es Anfang der Woche. Das klingt zumindest wie ein hartes Dementi. Das Bundesverkehrsministerium in Berlin ließ verlauten, das Ressort kenne keinen Brüsseler Quotenvorschlag. Die EU-Kommission hat also schon abgeräumt, was Schulz in diesen Tagen neu aufgetischt hat. Sehr wohl aber gibt es in Brüssel Überlegungen, wie Europa seine Klimaziele erreichen könnte. Bis 2050 sollen die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor um mindestens 60 Prozent gesenkt werden. Diese Nuss ist hart zu knacken. Denn nach einer EU-Prognose wird der Personenverkehr europaweit zwischen 2010 und 2050 um 42 Prozent, der Güterverkehr um 60 Prozent zunehmen. Und schon heute sind nach EU-Angaben Autos für zwölf Prozent der Treibhausgase in Europa verantwortlich. Daher macht sich die EU-Kommission seit geraumer Zeit auch Gedanken über die Emissionen von Fahrzeugen – für die Zeit nach 2020. Denn bis dahin gibt es bereits verbindliche Regelungen. In einem Bericht der Kommission an das EU-Parlament, den EU-Rat und verschiedene EU-Ausschüsse von Ende Mai stehen nun folgende Sätze: „Die Kommission hat begonnen, die nach 2020/2021 geltenden CO2-Normen für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge zu überarbeiten. Zu den geprüften Optionen zählen auch spezifische Zielvorgaben für emissionsarme und/oder -freie Fahrzeuge.“ Offenbar hat der Begriff „Zielvorgaben“ irgendwie an „Quote“ erinnert – und hierzulande die Alarmglocken schrillen lassen. Der Verband der Automobilindustrie ließ erklären: „Wir halten derartige Verkaufsquoten grundsätzlich für den falschen Weg.“ Daraufhin dementierte die Sprecherin der EU-Kommission die angeblichen Gedankenspiele über Quoten. Und sie belehrte zugleich: Ziele seinen nicht mit verbindlichen Quoten zu verwechseln. „Die EU-Kommission prüft Möglichkeiten zur Förderung kohlenstoffarmer, abgasarmer Energie im Transportsektor“, sagte sie Anfang der Woche. Übrigens: Die Bundesregierung hatte sich im Jahr 2013 auch so ein Ziel gesetzt. Im noch gültigen Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD heißt es: „Am Ziel, eine Million Elektroautos in allen unterschiedlichen Varianten für Deutschlands Straßen bis zum Jahr 2020, wollen wir festhalten.“ Gestern bestätigte Regierungssprecher Steffen Seibert dieses Ziel erneut. Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums ergänzte: „Und wir sind noch weit davon entfernt.“

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