Politik Porträtiert: Luisa Ortega – streitbare Juristin

Die Nationalgarde bewacht das Gebäude der Oberstaatsanwaltschaft.
Die Nationalgarde bewacht das Gebäude der Oberstaatsanwaltschaft.

Lange Zeit war Luisa Ortega Anhängerin von Venezuelas linksnationalistischem Staatschef Nicolás Maduro und brachte Widersacher des umstrittenen Präsidenten vor Gericht. Doch im erbitterten politischen Machtkampf, der das südamerikanische Land seit Monaten erschüttert, hat sich die Generalstaatsanwältin zur wohl wichtigsten Gegenspielerin des Staatschefs gewandelt.

Am Samstag war es dann soweit. Die neue verfassungsgebende Versammlung (ANC) war noch keine 24 Stunden im Amt, da hatte sie schon die erste Entscheidung getroffen. Die oberste Anklägerin Venezuelas, eine glühende Anhängerin des verstorbenen Präsidenten Hugo Chávez, wurde entlassen, ihr die Ausreise untersagt und ihre Konten wurden gesperrt. Zu ihrem Nachfolger bestimmte die Versammlung den Ex-Gouverneur Tarek William Saab. Dieser machte in seiner Antrittsrede auch gleich deutlich, wo er steht: „Venezuela ist eine freiheitliche Demokratie, in der die Menschenrechte respektiert werden“, behauptete Saab. Die Kritik der Chefanklägerin am Präsidenten teilt er offenbar nicht. Ortega ist überzeugte Sozialistin. 2007 ernannte das Parlament die 1959 in einer Kleinstadt im Zentrum Venezuelas geborene Juristin auf Wunsch von Chávez zur Generalstaatsanwältin. Zuvor hatte sie in verschiedenen Funktionen in Regierung und Justiz die Durchsetzung der „Bolivarischen Revolution“ zur Aufgabe gehabt. 2014 – schon zu Amtszeiten Maduros – wurde Ortega im Amt bestätigt. Im gleichen Jahr war sie verantwortlich für die Festnahme des Oppositionspolitikers Leopoldo López, dem Aufruf zur Gewalt bei den Anti-Regierungs-Protesten vorgeworfen wurde, in deren Verlauf 43 Menschen getötet worden waren. López wurde zu 14 Jahren Gefängnis verurteilt, wurde aber an diesem Wochenende zum zweiten Mal in einem Monat in den Hausarrest entlassen. Dann ging Ortega jedoch auf Distanz zur Regierung und sorgte Ende März für Aufsehen. Es war der Tag, als der Oberste Gerichtshof die Entmachtung des Parlaments beschloss. Sie trat im Fernsehen auf und geißelte den „Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung“. Die Maduro-treuen Richter erschraken angesichts der Kritik aus den eigenen Reihen so sehr, dass sie ihr Urteil kassierten. Aber dies war der Anfang vom Ende Ortegas als oberster Anklägerin Venezuelas. Am Wochenende wurde sie nun ihres Ames enthoben und soll vor Gericht gestellt werden. So widerspruchslos will Ortega ihre Entlassung jedoch nicht akzeptieren. Mit Briefkopf der Generalstaatsanwaltschaft veröffentlichte sie eine Erklärung, in der sie ihren Rausschmiss „nicht anerkennt“.

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