Politik Mitglieder und Wähler laufen davon

Der Name sollte Programm sein. Als Rassemblement National (RN), als Nationale Sammlungsbewegung, hoffte Frankreichs ehemaliger Front National Furore zu machen. Man werde unter dem neuen Namen neue Sympathisanten, neue Mitglieder, neue Verbündete gewinnen – und als breite Bewegung nach der Macht greifen, hatte die Parteivorsitzende Marine Le Pen prophezeit. Die online befragte Basis gab der Umbenennung ihrer Partei Anfang Juni ihren Segen. Doch aus dem erhofften Einsammeln neuer Mitglieder ist nichts geworden. Im Gegenteil: Anstatt sich regen Zulaufs zu erfreuen, haben die Rechtspopulisten einen schmerzlichen Aderlass zu verkraften. Von den bei den Präsidentschaftswahlen 2017 stolz vermeldeten 83.000 Mitgliedern (des damaligen Front National) sind zurzeit noch 31.000 übrig. Die Wählerschaft scheint ebenfalls abzuwandern. Bei den Europawahlen 2014 noch mit 24,9 Prozent der Wählerstimmen bedacht, dürfen die Rechtspopulisten laut der jüngsten, Ende Juni veröffentlichten Umfrage bei der kommenden EU-Wahl im Jahr 2019 gerade einmal mit 19 Prozent der Stimmen französischer Wähler rechnen. Finanziell droht die mit zwölf Millionen Euro verschuldeten Partei gar gänzlich auszubluten. Schatzmeister Wallerand de Saint-Just verweist auf die Entscheidung der französischen Justiz, zwei Millionen Euro zu beschlagnahmen, die der RN an staatlichen Zuwendungen erhalten sollte. Hintergrund der richterlichen Entscheidung sind Ermittlungen wegen Scheinarbeitsverträgen. Rund ein Dutzend EU-Parlamentarier des ehemaligen Front National stehen im Verdacht, ihnen angeblich am Parlamentssitz in Straßburg zur Hand gehende Assistenten in Wahrheit für Arbeiten in der Parteizentrale abgestellt zu haben. Der Niedergang kommt die französischen Rechtspopulisten umso härter an, als sie vor knapp anderthalb Jahren die durch Trump und Brexit verunsicherten EU-Partner noch das Fürchten gelehrt hatten. Le Pen hat erste Konsequenzen gezogen. Notgedrungen konzipiert sie den RN als Low-cost-Partei. Anstatt nach alter Sitte das Parteivolk nach den Sommerferien zu einer großen Open-Air-Veranstaltung zusammenzutrommeln, bat sie Auserwählte ins Theater der südfranzösischen Kleinstadt Fréjus. Das Geld in der Parteikasse reicht gerade noch, um Gehälter und Sozialabgaben zu bezahlen.

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