Politik Macron lässt Putin alt aussehen

Bei einem Besuch in St. Petersburg glänzt der französische Präsident, während sein Gastgeber fahrig wirkt

Beim Petersburger Wirtschaftsforum tauchte mit Emmanuel Macron zum ersten Mal seit Beginn der Krimkrise ein westeuropäischer Staatschef auf. Aber obwohl der Franzose seinem Amtskollegen Wladimir Putin sehr viel Nettes sagte, behagte seine Rhetorik den Russen nicht wirklich. Dabei feierten die russischen Medien die Anwesenheit Macrons zunächst noch als diplomatischen Triumph Putins. Macron kam mit über 50 bilateralen Vereinbarungen im Gepäck, darunter der milliardenschwere Einstieg des französischen Rohstoffkonzerns Total in ein russisches Flüssiggasprojekt. Und er verzichtete im Gegensatz zu seinem ersten Treffen mit Putin vor einem Jahr auf frontale Kritik. Als wolle er die russischen Erwartungen bestätigen, das schwache Europa suche angesichts der Verwerfungen mit Donald Trumps USA neue Nähe oder gar Anlehnung bei Russland. Macron redete von gemeinsamen europäischen Wurzeln, von Peter dem Großen, dem russischen Nationaldichter Puschkin und von Jules Vernes „Kurier des Zaren“. Doch je länger Macron plauderte, umso tiefer sanken Putins Mundwinkel. Das mag an den vierstündigen Verhandlungen vorher gelegen haben – beide Staatschef hatten sie als „sehr offen“ bezeichnet, eine diplomatische Umschreibung für Streit. Aber Macrons Sonntagsphrasen von der „gemeinsamen europäischen Kreativität“ behagte auch anderen Russen im Saal nicht. Wladimir Putin redete auf der Pressekonferenz 18, Macron knapp 36 Minuten. Er duzte Putin, erklärte ihm etwas altklug, Petersburg sei ja seine Stadt, Putin hier aufgewachsen, habe hier gelernt, die Stadt später verwaltet. Außenminister Sergei Lawrow blickte stirnrunzelnd auf die Uhr, Verteidigungsminister Sergei Schoigu pumpte wiederholt die Backen auf. In Russland ist man nicht gewohnt, dass jemand die Verbaldominanz Putins streitig macht. Der russische Staatschef selbst aber stolperte über Fakten, bezeichnete den als angeblichen Terroristen zu 20 Jahren Haft verurteilten Filmregisseur Oleg Senzow als Journalisten. Und auf eine Frage nach Cyberattacken, derer man Russland oft verdächtigt, entgegnete er: „Es heißt doch, dass Aktionen Gegenreaktionen hervorrufen.“ Das klang fast wie ein Eingeständnis. Russland bemerkte bei diesem Staatsbesuch, dass Putin inzwischen 65 Jahre alt ist, 25 Jahre älter als Macron.

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