Ukraine-Krieg Luzius: Trügerische Normalität in ukrainischen Städten

Luzius Etter (rechts, links sein Bruder Bastian) ist als Helfer für die Organisation Libereco in der Ukraine unterwegs.
Luzius Etter (rechts, links sein Bruder Bastian) ist als Helfer für die Organisation Libereco in der Ukraine unterwegs.

Rund eineinhalb Jahre Krieg haben die Menschen verändert. In der Ukraine, aber auch in Deutschland. Nach dem 24. Februar 2022 ist plötzlich alles ganz anders.

Luzius Etter, Kiew und Charkiw:

Seit sieben Jahren bin ich schon als ehrenamtlicher Helfer in der Ukraine unterwegs. Mein Engagement begann nach der russischen Besetzung der Krim und von Teilen der Ostukraine. Meine letzte Tour für die Hilfsorganisation Libereco führte mich im Juli unter anderem nach Lwiw, Tschernihiw, Kiew, Dnipro und Charkiw.

In Kiew hat man den Eindruck, das Leben gehe inzwischen wieder seinen normalen Gang. Straßensperren und Checkpoints sind abgebaut. In Charkiw, wo ich erstmals seit Kriegsausbruch wieder war, haben mich die großen Zerstörungen in der Innenstadt betroffen gemacht. Aber auch hier sind die Menschen bestrebt, sich nicht unterkriegen zu lassen. Die Märkte und Parks sind belebt, es gibt sogar wieder Staus auf den Straßen. In notdürftig reparierten Läden drängen sich die Menschen. Am Wochenende war ich sogar auf einem Konzert. Eine ganz unwirkliche Atmosphäre, so eine trügerische Ruhe.

In den von russischer Besatzung befreiten Gebieten gibt es offenbar große Probleme, vor allem wegen verminter Felder. Und auch zwischen den Menschen gibt es Konflikte, denn die einen haben mit den Besatzern notgedrungen zusammengearbeitet, die anderen nicht. Die Nerven liegen blank. Inzwischen gibt es ja im Prinzip keine Familie, keinen Freundeskreis mehr, wo man keine Verletzten oder gar Tote zu beklagen hätte.

Luzius Etter (38) ist für die deutsch-schweizerische Hilfsorganisation Libereco tätig, die eng mit Helfern vor Ort zusammenarbeitet und die Zivilgesellschaft unterstützt.

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