Politik Leitartikel: Handel in der Ära Trump

Vor dem bald anstehenden Beginn der Gespräche über ein

Handelsabkommen zwischen der EU und den USA sind überzogene

Erwartungen fehl am Platz. Aber immerhin reden beide Seiten miteinander. Vielleicht dämmert Trump, dass

Handelskriege doch nicht so leicht

zu gewinnen sind.

So kennt man ihn. Unberechenbarkeit ist bei Donald Trump Trumpf. Gerade hat er noch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker eine Art Burgfrieden in der Handelspolitik geschlossen, die angedrohten Zölle auf Eis gelegt und verabredet, mit Brüssel ein Handelsabkommen anzupeilen. Und vier Wochen später poltert der US-Präsident schon wieder gegen seine Verbündeten. Er droht erneut mit den Autozöllen und stellt seine engsten Partner im demokratischen Europa auf eine Stufe mit China, das von der Staatspartei gelenkt wird. Trump braucht diesen autoritären Politikstil. Bei einem Chef würde man sagen: Er arbeitet mit Angst. Die Erfahrung hat allerdings auch gezeigt: Häufig blufft der US-Präsident. Zumal in der Handelspolitik. Zur Erinnerung: Erst wollte er Nafta, das Abkommen zwischen den USA, Kanada und Mexiko, abschaffen. Jetzt hat er mit Mexiko einen neuen Nafta-Deal gemacht. Die Gespräche mit Kanada sind gestern zwar vorerst gescheitert, aber vielleicht dämmert Trump, dass Handelskriege gegen den Rest der Welt eben doch nicht so leicht zu gewinnen sind, wie er behauptet hat. Das ist die Lesart, die sich die Europäer jetzt zu eigen machen sollten, da der Handelskonflikt mit den USA zwar nicht beigelegt ist, man aber zwischen Brüssel und Washington immerhin wieder verhandeln will. Es ist müßig, vor dem Start der Gespräche von EU-Seite TTIP nachzutrauern. Ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, das nicht nur die Zölle beseitigt, sondern die Standards bei Verbraucher- und Umweltschutz wahrt und hiesigen Unternehmen die Teilnahme an öffentlichen Ausschreibungen in den USA erlaubt, ist gescheitert. Vor allem ist es gescheitert, weil die Obama-Regierung nicht so viele Zugeständnisse machen wollte. Jetzt ist die Ära Trump angebrochen. Und angesichts der Drohung des US-Präsidenten, Strafzölle auf Pkw- und Autoteile-Einfuhren aus Europa zu erheben und damit die Herzkammer der deutschen Volkswirtschaft zu treffen, ist schon eine Menge erreicht worden. Es ist ein Riesenerfolg, den EU-Kommissionspräsident Juncker errungen hat, dass immerhin die Autozölle auf Eis liegen. So brüchig das Eis auch sein mag, noch trägt es. Vermutlich ist es Wirtschaftsexperten gelungen, Trump verständlich zu machen, dass Strafzölle auf Autos auch der US-Industrie schaden: Kolben, Katalysatoren und Batterien kommen vielfach aus Europa. Von einem Realpolitiker muss man verlangen können, dass er jetzt das Beste aus dieser Situation macht. Bisher halten sich die Kosten ja in Grenzen: Die Europäer haben sich lediglich verpflichtet, amerikanischen Farmern Soja abzukaufen. Technisch dürfte es schwierig werden, ein Zollabkommen für Industriegüter zu schmieden, das den Anforderungen der WTO entspricht. Man muss sich auch fragen, ob die angepeilte Angleichung von industriellen Normen aus Gründen des Wettbewerbs immer im Interesse der hiesigen Unternehmen ist. Klar ist aber: Unter dem Strich wäre selbst ein Abkommen, bei dem die EU große Abstriche machen müsste, besser als die Eskalation des Handelskonflikts. In den vergangenen Monaten konnte die Welt schon einmal in den Abgrund blicken: Die Reaktion an den Börsen hat gezeigt, welche verheerenden Schäden ein Handelskrieg anrichtet. Bis auf weiteres muss man froh sein, dass Washington und Brüssel im Dialog sind. Solange sie miteinander reden, fallen sie nicht übereinander her.

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