Politik G-20-Gegner wollen in Hamburg Protestcamp erzwingen

Immer wieder räumt die Polizei: Hier gehen Beamte auf dem Rathausmarkt gegen Demonstranten für ein Protestcamp vor.
Immer wieder räumt die Polizei: Hier gehen Beamte auf dem Rathausmarkt gegen Demonstranten für ein Protestcamp vor.

Gerichtseingaben und Parkbesetzungen sollen Vorgaben durch Polizei aushebeln

«Hamburg.» Vor Beginn des G-20-Gipfels am 7. Juli in Hamburg haben sich die Fronten zwischen Aktivisten und Polizei verhärtet. Vor allem um die Protestcamps gibt es Streit – auch in der Politik. Die Gerichte müssen Nachtschichten einlegen. Der juristische Dauerstreit um Demonstrationen und Camps sowie erste Tumulte zwischen Aktivisten und Polizei nähren die Befürchtungen, dass die Proteste rund um den G-20-Gipfel nicht friedlich bleiben. Zudem müssen sich die Polizei und Hamburgs Innenbehörde für den Einsatz in einem Protestcamp in der Nacht zu Montag rechtfertigen. Die Linken in der Hamburgischen Bürgerschaft forderten gestern sogar den Rücktritt von Innensenator Andy Grote (SPD), der „die politische Verantwortung für diesen vorsätzlichen Rechtsbruch“ trage. Bei dem Protestcamp auf der Elbhalbinsel Entenwerder hatte es Tumulte gegeben, als die Polizei wegen eines von ihr verhängten Übernachtungsverbots elf Zelte entfernte. Die Beamten setzten dabei Pfefferspray ein. Ein Aktivist wurde festgenommen. Es habe eine verletzte Person gegeben, sagte eine Polizeisprecherin. Ein Sprecher des G-20-Ermittlungsausschusses, der in Kontakt mit Aktivisten steht, sprach von einer schwer verletzten Person und bis zu zehn Leichtverletzten. Eine Demonstration zuvor war noch friedlich verlaufen. Die Linksfraktion in der Bürgerschaft kritisierte, die Polizei habe den Aufbau des gerichtlich genehmigten Camps unter Bruch der geltenden Rechtslage behindert beziehungsweise teilweise verhindert. Die Beamten hätten zahlreiche Übergriffe begangen. „Statt Bürgerrechte zu verteidigen, dulden SPD/Grüne in Hamburg rechtswidrigen Polizeieinsatz gegen genehmigtes Camp“, twitterte die Fraktionschefin der Linken im Bundestag, Sahra Wagenknecht, mit Blick auf die gegenwärtige Regierungskoalition in der Hansestadt. Das Hamburger Verwaltungsgericht bestätigte derweil die Protest-Camp-Auflagen. Nach Angaben einer Gerichtssprecherin dürfen die G-20-Gegner keine Schlafzelte aufstellen oder Küchen und Duschen errichten. Es seien aber zehn sogenannte Workshop-Zelte zulässig, die als Dauerkundgebung und Ruhezonen dienen könnten, sagte die Sprecherin. „Das ist die Selbstermächtigung der Polizei, die jetzt gerichtlich legitimiert wird“, urteilte Andreas Blechschmidt vom linksautonomen Kulturzentrum „Rote Flora“. Es sei ein Signal an alle, die demonstrieren wollten, dass es offenbar keinen Rechtsschutz durch Hamburger Gerichte gebe. Die Deutsche Polizeigewerkschaft betonte hingegen, das Konzept „Deeskalation durch Stärke“ sei bisher aufgegangen. Straftaten würden bereits im Entstehungsprozess verhindert; dies ermögliche gleichzeitig den friedlichen Protest. Für das geplante Camp im Altonaer Volkspark hat das Oberverwaltungsgericht den Ball zurück zur Polizei gespielt: Die Versammlungsbehörde solle als Folge einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sagen, ob und in welcher Form sie das Camp dulde, so eine Gerichtssprecherin. Die Organisatoren des geplanten Camps im Altonaer Volkspark, die als „Notlösung“ im Stadtteil Lurup zwei Zirkuszelte sowie 15 Funktions- und Versammlungszelte aufbauen durften, prüften gestern, ob sie ihrerseits das Bundesverfassungsgericht anrufen. Im Streit um die Zulassung eines Protestcamps haben linke Gruppen angedroht, von heute an „Parks, Plätze, Flächen und Knotenpunkte“ mit vielen kleinen Camps zu besetzen, falls die Polizei kein zentrales Camp mit Übernachtungsmöglichkeiten ermögliche. Das Bündnis „Welcome to Hamburg“ forderte bis heute zehn Uhr eine „klare Zusage“.

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