Politik Flüchtlingslager: Unhaltbare Zustände auf Lesbos

Das Flüchtlingshilfswerk UNHCR hat die Zustände in den griechischen Aufnahmelagern scharf kritisiert. Die Stimmung auf der Insel Lesbos erreiche einen Siedepunkt, teilte das UNHCR gestern mit.

Im Lager Moria lebten derzeit 7000 Menschen, obwohl nur Platz für 2000 Menschen sei, sagte ein Sprecher des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge. Auch die Zentren in Samos, Chios und Kos seien überbelegt. Dabei sollte bis September alles besser werden. Dann werde es in den Hotspots, den Aufnahmezentren in der östlichen Ägäis, nur noch 10.000 Flüchtlinge und Migranten geben, hatte Migrationsminister Dimitris Vitsas Anfang Juli angekündigt. Passiert ist nichts. „Ist das die Erleichterung, die uns die Regierung versprochen hat?“ fragt Christiana Kalogirou, Regionalpräfektin der nördlichen Ägäisinseln. Auch Spyros Galinos, Bürgermeister von Mytilini auf Lesbos, schlägt Alarm. Er warnt vor „tragischen Ereignissen“: Die Geduld der Bevölkerung habe wegen ständiger Diebstähle und Einbrüche „ihre Grenzen erreicht“. In einem Brief an Migrationsminister Vitsas sprach Galinos von einer drohenden „sozialen Explosion“. Die Überfüllung der Auffangzentren ist vor allem eine Folge der langen Asylverfahren. Die Flüchtlinge, die aus der Türkei zu den Inseln kommen, müssen dort so lange bleiben, bis über die Asylanträge entschieden ist. Doch das kann Jahre dauern. Die Zustände in den Lagern werden unterdessen immer katastrophaler. In Moria müssen sich 72 Menschen eine Toilette teilen, auf jede Dusche kommen sogar 84 Menschen, berichtet Apostolos Veizis von der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen. Immer häufiger entlädt sich die Frustration der Migranten in gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Ethnien. Oder die Menschen demolieren in ihrer Verzweiflung die Wohncontainer. Am schlimmsten trifft es die Kinder. In Moria behandeln die Ärzte in ihrer Krankenstation täglich etwa 100 Kinder. Viele werden hier Opfer von Übergriffen und von sexueller Gewalt, berichten die Helfer. Und immer häufiger sind die Ärzte mit Selbstmordversuchen konfrontiert.

x