Politik Erdogans Rückkehr

Am Sonntag wird der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdogan wieder zum Vorsitzenden der Regierungspartei AKP gewählt. Für Erdogan und seine Partei schließt sich damit ein Kreis.

Vor 16 Jahren gründete Erdogan mit einigen Gesinnungsgenossen die islamisch-konservative Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP). Jetzt kehrt er ins Amt des Parteivorsitzenden zurück. Erdogan ist der einzige Kandidat beim Sonderparteitag der AKP. Eine überwältigende Mehrheit, wenn nicht sogar Einstimmigkeit der 1470 Delegierten ist ihm sicher. Möglich wird Erdogans Rückkehr an die Parteispitze durch die Mitte April in einer Volksabstimmung mit knapper Mehrheit gebilligte Verfassungsreform. Das bisherige türkische Grundgesetz verpflichtete den Staatspräsidenten zur parteipolitischen Neutralität. Erdogan musste den AKP-Vorsitz deshalb mit seiner Wahl zum Staatsoberhaupt im August 2014 abgeben. Es ist ein offenes Geheimnis, dass Erdogan trotzdem die Fäden in der AKP zog. Seinen Nachfolger im Parteivorsitz und im Amt des Premierministers, Ahmet Davutoglu, feuerte er vor einem Jahr, weil dieser sich nur halbherzig für das Präsidialsystem engagierte. Davutoglus Nachfolger Binali Yildirim zog das Projekt entschlossen durch. Mit der Verfassungsreform kann der Staatschef Erdogan nun auch de jure in einer Person Parteivorsitzender sein. Mit der Wiederwahl zum Parteichef baut der 63-jährige Erdogan seine Macht aus. Viele Oppositionspolitiker und Bürgerrechtler sehen die Türkei auf dem Weg in eine Diktatur. Die „Säuberungen“, mit denen Erdogan seit dem Putschversuch vom Juli 2016 seine Gegner verfolgt, gehen unvermindert weiter. Nun dürfte auch in der AKP das Großreinemachen beginnen. Auf dem Sonderparteitag wird nicht nur Erdogan zum neuen Vorsitzenden gekürt. Auch die Mitglieder des obersten Parteigremiums, des Exekutivkomitees, werden neu gewählt. Beobachter erwarten, dass mindestens die Hälfte der Sitze neu vergeben wird – nach Erdogans Vorgaben. Als Parteichef hat Erdogan Einfluss darauf, wer bei den spätestens im November 2019 fälligen Parlamentswahlen kandidieren darf. Die nächste AKP-Parlamentsfraktion wird sich daher aus Erdogan-Getreuen zusammensetzen. Obwohl: Eigentlich braucht der Staatschef die Abgeordneten gar nicht mehr. Unter dem Präsidialsystem, das nach der Wahl in Kraft treten wird, verliert die Nationalversammlung die meisten ihrer Befugnisse. Der Staatschef kann Gesetze am Parlament vorbei erlassen. Nicht mal für den Haushalt braucht er die Zustimmung der Abgeordneten.

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