Politik Endloses Sündenregister

Man nennt ihn den „Teflon-Präsidenten“: An dem Mann bleibt partout nichts hängen. Jacob Zuma war in unzählige Skandale verwickelt, trotzdem hat Südafrikas Staatschef sämtliche Affären überstanden, einschließlich acht Misstrauensvoten.

Selbst die jüngste Abstimmung, die gestern erstmals nicht namentlich, sondern im Geheimen stattfand, ergab nicht genug Stimmen für die Abberufung des Präsidenten – auch wenn mehr als drei Dutzend ANC-Parlamentarier ihrem Chef das Vertrauen entzogen. Als Parteivorsitzender wird Zuma nun bis Ende Dezember herrschen, wenn der ANC turnusgemäß eine neue Führung wählt. Als Staatschef könnte er sogar noch bis zum Wahljahr 2019 regieren. Und das trotz seines endlos erscheinenden Sündenregisters. Die Staatsanwaltschaft warf ihm einst Korruption in 783 Fällen vor. Doch nachdem die Elitetruppe staatsanwaltlicher Ermittler aufgelöst und der Chefankläger entlassen worden war, brach das Verfahren zusammen. Von dem Vorwurf, eine fast 40 Jahre jüngere Freundin der Familie vergewaltigt zu haben, wurde Zuma freigesprochen. Als Präsident baute er sich eine Villa, für deren Finanzierung er sich fast 240 Millionen Rand (gut 20 Millionen Euro) aus der Staatskasse holte. Schließlich freundete er sich mit einer indischen Geschäftsfamilie, den drei Gupta-Brüdern, an, die in den vergangenen Jahren mit einer Art „Parallelregierung“ die Geschicke Südafrikas bestimmten – und sich Milliarden an Rand vor allem aus den Staatsbetrieben in die Tasche fließen ließen. Um den Raub der Steuergelder fortsetzen zu können, entließ Zuma zwei aufrechte Finanzminister und sandte die Wirtschaft des Kap der Guten Hoffnung damit in einen rasanten Sinkflug. Dass sich der 75-jährige ehemalige Befreiungskämpfer, der nur für ein gutes Jahr eine Schule besuchte und erst im Erwachsenenalter auf der Gefängnisinsel Robben Island Lesen und Schreiben lernte, dermaßen hartnäckig an der Macht halten konnte, ist seiner Bauernschläue zuzuschreiben. Geschickt verstand es der einstige Sicherheitschef des militärischen Flügels des ANC, sich mit einer Truppe loyaler Parteisoldaten zu umgeben. Dass diese auch finanziell von seiner Herrschaft profitieren, trug zur Stärkung der Zuma-Festung bei. Inzwischen fürchten selbst Kritiker innerhalb des ANC, dem korrupten Regenten den Laufpass zu geben. Denn wenn dieser unter den gegebenen chaotischen Bedingungen fällt, droht er die über 100-jährige Organisation mit in sein politisches Grab zu nehmen. Schon jetzt steht fest: Die Befreiungsbewegung, für die Nelson Mandela einst zu sterben bereit war, wird nie wieder dieselbe sein.

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