Politik Eine neue E-Mail-Affäre in den USA

Im Wahlkampf konnte sich der zum US-Vizepräsidenten aufgestiegene Republikaner Mike Pence noch wortstark darüber erregen, dass Spitzenpolitiker der demokratischen Vorgängerregierung private E-Mail-Server für dienstliche Post benutzten. Als es darum ging, Hillary Clinton, die Präsidentschaftskandidatin der US-Demokraten, als zwielichtige Gestalt zu porträtieren, die hinter Gitter gehöre, hat Pence kräftig mitgezeichnet an dieser Karikatur. Die ehemalige Außenministerin, die digital mit Hilfe eines in ihrer Privatvilla eingerichteten Servers korrespondierte habe doch wissen müssen, dass sie vertrauliche Informationen in einer Weise handhabte, die Hackern Tür und Tor öffnete, argumentierte Pence. Durch ihre Fahrlässigkeit hätten auch „Feinde dieses Landes“ leicht Geheimes aus amerikanischen Regierungsämtern erfahren können. Und jetzt das: Auch Pence hat sich eines privaten Servers bedient, um dienstlich zu korrespondieren. Mehr noch, sein E-Mail-Konto beim Internetanbieter AOL wurde tatsächlich gehackt – was man im Falle Clintons bis heute nicht sagen kann. Herausgefunden hat dies alles die Lokalzeitung „Indianapolis Star“. Pence, damals Gouverneur des US-Bundesstaats Indiana, fiel 2016 auf dreiste Betrüger herein. Im Frühsommer dieses Jahres erhielten der Zeitung zufolge sämtliche in seinem Adressbuch verzeichneten Empfänger die Nachricht, Pence und seine Frau seien auf dem Weg zu einem Hotel auf den Philippinen überfallen und sämtlicher Wertsachen beraubt worden. Deshalb möge man ihnen doch bitteschön mit Eilüberweisungen aus der Patsche helfen. Offensichtlich hatten sich Hacker die digitale Kontaktliste des Gouverneurs angeeignet. Ja, er habe seinerzeit sowohl eine dienstliche als auch eine private Mail-Adresse besessen, hat Pence nun durch einen Sprecher einräumen lassen. Doch verfüge ein Gouverneur nicht einmal annähernd über jene Fülle geheimer Informationen, wie sie eine Außenministerin zu lesen bekomme. Es sei indes keineswegs so, zitiert das Blatt einen Computerexperten, dass Pence von seinem privaten Mail-Konto nur Geburtstagsgrüße an Enkelkinder verschickt habe. Nur 29 Seiten ausgedruckter Mails hat Pences Nachfolger im Amt bislang freigegeben. Andere bleiben unter Verschluss. Ihr Inhalt, heißt es zur Begründung, sei streng vertraulich.

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