Politik Ein Sprachrohr für die „schweigende Mehrheit“ der AfD

Gebürtiger Bad Kreuznacher, Opernsänger und Mitglied im AfD-Bundesvorstand: Dirk Driesang.
Gebürtiger Bad Kreuznacher, Opernsänger und Mitglied im AfD-Bundesvorstand: Dirk Driesang.

In der AfD machen gemäßigte Mitglieder mobil, wollen sich mit der „Alternativen Mitte“ mehr Gehör verschaffen. Dahinter steht die Furcht, dass Image der Partei werde durch radikale Parolen des rechten Parteiflügels beschädigt.

Man wolle der „schweigenden Mehrheit“ in der AfD „eine Stimme geben“, beschreibt Dirk Driesang, was ihn und andere Parteimitglieder dazu veranlasst hat, innerhalb der Partei eine „Alternative Mitte“ ins Leben zu rufen. Diese „schweigende Mehrheit“ verortet der gebürtige Bad Kreuznacher, der dem AfD-Bundesvorstand angehört, im bürgerlich-konservativen Lager. Das sei, zeigt er sich im Gespräch mit der RHEINPFALZ überzeugt, in letzter Zeit von der AfD teilweise „verschreckt“ worden. In Umfragen jedenfalls hat die AfD schon bessere Zeiten erlebt: Nach zeitweise deutlich zweistelligen Ergebnissen wird die Partei im jüngsten ARD-„Deutschlandtrend“ bundesweit bei neun Prozent verortet. Tatsächlich hat sich der Eindruck verstärkt, dass die AfD sich zunehmend radikalisiert und nach rechts rückt. Mit dazu bei trugen der thüringische Parteichef Björn Höcke und andere, zum rechten Flügel der Partei zählende Politiker, die immer wieder mit radikalen Äußerungen für Aufregung – und öffentliche Aufmerksamkeit – sorgten. Organisatorisch haben sie sich in Gruppierungen wie dem „Flügel“ oder der „Patriotischen Plattform“ zusammengeschlossen. Zu diesen parteiinternen Gruppen, denen keineswegs die Existenzberechtigung abgesprochen werde, wolle man nun ein „Gegengewicht“ bilden, erläutert Driesang. Deshalb riefen er und andere Anfang Juli in Bayern die „Alternative Mitte“ ins Leben. Mittlerweile gibt es die „Alternative Mitte“ auch in Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und laut Driesang seit neuestem in Berlin. Er erwarte in Kürze weitere Gründungen in anderen Landesverbänden, zeigt Driesang sich zufrieden mit der „Dynamik“ des von seinem Landesverband ausgelösten Prozesses. Im Landesverband Rheinland-Pfalz gebe es aktuell „hierzu keine Initiativen“, teilte der rheinland-pfälzische AfD-Vorsitzende Uwe Junge auf Anfrage mit. Er sehe das Grundsatzprogramm der AfD und seine Strukturen als „einzige gültige Grundlage für die Parteiarbeit“ an: Weitere Unterorganisationen werde er „weder initiieren“ noch sich ihnen „aktiv anschließen“. Er werde sich aber „nicht entgegenstellen“, sollten sich AfD-Mitglieder im Land entsprechend organisieren wollen, sagte Junge. Bei der heutigen Sitzung des Landesvorstands werde das Thema „Alternative Mitte“ zur Sprache kommen. Ziel der „Alternativen Mitte“ ist es, die AfD auch für die „bürgerliche Mitte“ akzeptabel und wählbar zu machen. Und so heißt es in einer Erklärung, man wolle in der politischen Auseinandersetzung „im Stil bürgerlich“ auftreten – eine indirekte Absage an jene, die mit radikalen, provokanten Äußerungen aufwarten. Wohl auch mit Blick auf Björn Höcke, der im Frühjahr bei einer Rede in Dresden eine „erinnerungspolitische Wende um 180 Grad“ gefordert hatte, erklären Driesang und seine Mitstreiter, dass sie sich der deutschen Vergangenheit „bewusst“ seien und man deren „dunkle Seiten“ nicht vergesse. Kritiker hegen den Verdacht, hinter der „Alternativen Mitte“ stehe die Ko-Vorsitzende Frauke Petry. Die hatte beim Parteitag im April eine herbe Schlappe einstecken müssen: Ihr „Zukunftsantrag“, mit dem Petry die AfD auf einen realpolitischen Kurs festlegen wollte, wurde einfach von der Tagesordnung gestrichen, was viele Beobachter als weiteren Beleg für einen Rechtsruck der AfD werteten. Er habe mit niemandem im Bundesvorstand über die beabsichtigte Gründung der „Alternativen Mitte“ gesprochen, auch nicht mit Frauke Petry, betont Dirk Driesang. Petry ihrerseits sieht sich durch die Gründung der „Alternativen Mitte“ offenbar bestätigt: Dort sammelten sich „genau die Mitglieder, für die ich in Köln den Zukunftsantrag gestellt habe“. Wie seinerzeit Petry mit ihrem Zukunftsantrag sehen sich jetzt auch Driesang und die übrigen Initiatoren der „Alternativen Mitte“ mit dem Vorwurf konfrontiert, die Spaltung der Partei zu riskieren. Er halte „nichts von einer Spaltung“, wehrt sich Driesang gegen solche Kritik, denn die wäre für die AfD „selbstmörderisch“.

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