Sexuelle Ausrichtung Das Regenbogen-Symbol verschwindet in Russland

Leo Vales: „Ich weigere mich, meine Existenz als Verbrechen zu betrachten“.
Leo Vales: »Ich weigere mich, meine Existenz als Verbrechen zu betrachten«.

An der Kette über seinem schwarzen Rolli prangt ein silberner Totenkopfschwärmer, seine Fingernägel sind schwarzgrau lackiert, sein Blick ist fest bis kantig. „Ich bin der Beweis dafür, dass das Leben komplizierter ist und nicht nur heterosexuelle Großfamilien umfasst, die von Vollmilchpackungen im Supermarkt grinsen“, sagt Leo Vales. Der 33-Jährige gehört zu den bekanntesten LGBT-Bloggern in Moskau, allein auf dem Internetkanal TikTok hat er 23.000 Abonnenten. „Ich weigere mich, meine Existenz als Verbrechen zu betrachten“, sagt er.

Andere Queer-Leute hingegen sind schon aus Russland geflohen. Oder im Land geblieben und auf Tauchstation gegangen. Ende November hatte das Oberste Gericht die „Internationale gesellschaftliche Bewegung LGBT“ für extremistisch erklärt. Künftig ist abweichendes Sexualverhalten in Russland ein latenter Straftatbestand, bei dem bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen.

Erstaunliches Moskau

Leo hat den Reporter im Foyer des 239 Meter hohen Turm „Imperija“ im Hochhausviertel Moskwa City erwartet. Hier ist Moskau so, wie es sich gerne nach außen hin präsentiert: Junge ehrgeizige Menschen in Designerklamotten drängeln sich vor Hochgeschwindigkeitsliften. Leo arbeitet im 15. Stockwerk, er leitet die Fantasy-Abteilung eines Verlages. „Dort wissen alle Bescheid über mich“, sagt er. „Dort kann ich mir erlauben, ich selbst zu sein.“

Moskau ist erstaunlich Russland hat die LGBT-Bewegung als extremistisch verboten. Viele Aktivisten, die sich für die Rechte von Schwulen, Lesben und anderer sexueller Minderheiten eingesetzt haben, sind geflohen. Diejenigen, die geblieben sind, wollen lieber hoffen als sich fürchten.

An der Kette über seinem schwarzen Rolli prangt ein silberner Totenkopfschwärmer, seine Fingernägel sind schwarzgrau lackiert, sein Blick ist fest bis kantig. „Ich bin der Beweis dafür, dass das Leben komplizierter ist und nicht nur heterosexuelle Großfamilien umfasst, die von Vollmilchpackungen im Supermarkt grinsen“, sagt Leo Vales. Der 33-Jährige gehört zu den bekanntesten LGBT-Bloggern in Moskau, allein auf dem Internetkanal TikTok hat er 23.000 Abonnenten. „Ich weigere mich, meine Existenz als Verbrechen zu betrachten“, sagt er.

Andere Queer-Leute hingegen sind schon aus Russland geflohen. Oder im Land geblieben und auf Tauchstation gegangen. Ende November hatte das Oberste Gericht die „Internationale gesellschaftliche Bewegung LGBT“ für extremistisch erklärt. Künftig ist abweichendes Sexualverhalten in Russland ein latenter Straftatbestand, bei dem bis zu zehn Jahre Gefängnis drohen.

Erstaunliches Moskau

Leo hat den Reporter im Foyer des 239 Meter hohen Turm „Imperija“ im Hochhausviertel Moskwa City erwartet. Hier ist Moskau so, wie es sich gerne nach außen hin präsentiert: Junge ehrgeizige Menschen in Designerklamotten drängeln sich vor Hochgeschwindigkeitsliften. Leo arbeitet im 15. Stockwerk, er leitet die Fantasy-Abteilung eines Verlages. „Dort wissen alle Bescheid über mich“, sagt er. „Dort kann ich mir erlauben, ich selbst zu sein.“

Moskau ist erstaunlich LGBT-freundlich. Außer den Schwulendiscos, in die auch viele junge Frauen zum Tanzen gehen, gibt es eine Menge Cafés und Bars, in denen Queer-Leute gar nicht auffallen, weil der Rest der jungen russischen Bohème sich genauso adrett-freakisch stylt.

Die Kulturfabriken hinter dem Kursker Bahnhof sind aparter restauriert als jene am Prenzlauer Berg in Berlin. Möbel- oder Lampenläden heißen „Deephouse“ oder „Delight“ – die Stiftung Aids-Center hingegen verbirgt sich in einem Hinterhof. Mangels Geld habe man die Arbeit für mehrere Wochen eingestellt, erzählt Aktivist Wanja (Name geändert). Aber man wolle weitermachen. „Wir kommen dem Staat ja nicht in die Quere.“

Pfefferspray gekauft

Auch andere Aids-Hilfsgruppen funktionieren noch. Zu ihren Stammkunden gehören außer Schwulen auch Drogensüchtige, Prostituierte und HIV-positive Durchschnittsrussen. Alle löschen jetzt Labels mit dem Regenbogen, dem Symbol für freiheitliche sexuelle Orientierung, sowie Beiträge mit entsprechenden Inhalten von ihren Homepages im Internet. Auch Wanja, 28, betreibt Selbstzensur: „Vor dem Krieg küsste ich mich manchmal mit Jungs in der Öffentlichkeit“.“ Das war schon damals eine Mutprobe, jetzt verzichtet Wanja ganz darauf. Er hat sich Pfefferspray zum eigenen Schutz gekauft.

Wanjas Frisur ist wirr, sein T-Shirt zwei Nummern zu groß, er redet über modernen russischen Rock und darüber, dass auch die Inhaber der Mono-Bar diverse oppositionelle Musikanten auf die Stoppliste gesetzt hätten. Die Mono-Bar gehört zu jenen Moskauer Klubs, in denen nach dem Extremismus-Entscheid Polizisten aufgetaucht waren. „Sie haben die Gäste an die Wand gestellt und ihre Pässe fotografiert“, erzählt Leo. Für die Ermittler sei es eben viel bequemer, aus solchen Personen „LGBT-Extremisten“ zu machen, als nach echten Terroristen zu fahnden. LGBT-freundlich. Außer den Schwulendiscos, in die auch viele junge Frauen zum Tanzen gehen, gibt es eine Menge Cafés und Bars, in denen Queer-Leute gar nicht auffallen, weil der Rest der jungen russischen Bohème sich genauso adrett-freakisch stylt.

Die Kulturfabriken hinter dem Kursker Bahnhof sind aparter restauriert als jene am Prenzlauer Berg in Berlin. Möbel- oder Lampenläden heißen „Deephouse“ oder „Delight“ – die Stiftung Aids-Center hingegen verbirgt sich in einem Hinterhof. Mangels Geld habe man die Arbeit für mehrere Wochen eingestellt, erzählt Aktivist Wanja (Name geändert). Aber man wolle weitermachen. „Wir kommen dem Staat ja nicht in die Quere.“

Pfefferspray gekauft

Auch andere Aids-Hilfsgruppen funktionieren noch. Zu ihren Stammkunden gehören außer Schwulen auch Drogensüchtige, Prostituierte und HIV-positive Durchschnittsrussen. Alle löschen jetzt Labels mit dem Regenbogen, dem Symbol für freiheitliche sexuelle Orientierung, sowie Beiträge mit entsprechenden Inhalten von ihren Homepages im Internet. Auch Wanja, 28, betreibt Selbstzensur: „Vor dem Krieg küsste ich mich manchmal mit Jungs in der Öffentlichkeit“.“ Das war schon damals eine Mutprobe, jetzt verzichtet Wanja ganz darauf. Er hat sich Pfefferspray zum eigenen Schutz gekauft.

Wanjas Frisur ist wirr, sein T-Shirt zwei Nummern zu groß, er redet über modernen russischen Rock und darüber, dass auch die Inhaber der Mono-Bar diverse oppositionelle Musikanten auf die Stoppliste gesetzt hätten. Die Mono-Bar gehört zu jenen Moskauer Klubs, in denen nach dem Extremismus-Entscheid Polizisten aufgetaucht waren. „Sie haben die Gäste an die Wand gestellt und ihre Pässe fotografiert“, erzählt Leo. Für die Ermittler sei es eben viel bequemer, aus solchen Personen „LGBT-Extremisten“ zu machen, als nach echten Terroristen zu fahnden.

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