LEITARTIKEL Bafög ist kein Almosen

Erstsemester werden begrüßt: Wer studiert, braucht auch einen finanziellen Unterbau.
Erstsemester werden begrüßt: Wer studiert, braucht auch einen finanziellen Unterbau.

Ob die Sätze für die Ausbildungsförderung erhöht werden, ist derzeit noch vom Willen des zuständigen Ministers abhängig. Das passt nicht mehr.

In Deutschland ist zuletzt heftig darüber gestritten worden, ob die Erhöhung des Bürgergelds um zwölf Prozent angemessen ist. Abseits dieser Einzelfrage gibt es aber – weitgehenden – Konsens in einem weiteren, einem generellen Punkt: Das Bürgergeld muss regelmäßig an die Preisentwicklung angepasst werden, damit die Menschen, die es beziehen, damit ihren Lebensunterhalt bestreiten können.

Ganz anders ist es beim Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz Bafög. Diese Sozialleistung soll jungen Menschen, deren Eltern es sich nicht leisten können, sie in der Zeit der Ausbildung an der Hochschule ausreichend zu unterstützen, das Studium ermöglichen. Es geht also darum, solchen Studierenden den Lebensunterhalt zu sichern – und letztlich geht es um die Frage, ob jemand, der über wenig Geld verfügt, überhaupt ein Studium aufnehmen kann. Noch immer jedenfalls sind Studierende aus dem Arbeitermilieu stark unterrepräsentiert an Hochschulen. Das ist schon seit Jahrzehnten so.

Kein regelmäßiger Termin

Dabei ist es in Zeiten des Fachkräftemangels wichtig und eigentlich auch unstrittig, dass ein Studium nicht am fehlenden Geld der Eltern scheitern darf. Theoretisch jedenfalls ist es so. Denn praktisch machen die Regierenden den Kindern aus ärmeren Familien die Entscheidung für ein Studium häufig schwer, indem sie die Bafögsätze nur unzureichend oder auch mal gar nicht erhöhen.

Anders als beim Bürgergeld gibt es beim Bafög keinen regelmäßigen Termin und auch keinen Berechnungsmechanismus für eine Erhöhung, vielmehr muss sich dafür jeweils eine politische Mehrheit finden. Der Staat erinnert dabei an einen knorrigen Familienvater, der eine Taschengelderhöhung nur dann gewährt, wenn ihm gerade danach ist.

Lässt Böses ahnen

In der Regierungszeit der Ampel ist Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) fürs Bafög verantwortlich. Doch sie mag den Studierenden zum nächsten Wintersemester keine Bafög-Erhöhung zugestehen. Und das, obwohl die Preise und damit die Lebenshaltungskosten seit der letzten Erhöhung zum Wintersemester 2022/23 rasant angestiegen sind – und es bereits zum Start des aktuellen Studienjahres eine Nullrunde gab. Stark-Watzinger will nicht einmal die 150 Millionen Euro ausschöpfen, die ihr der Finanzausschuss des Bundestags für Verbesserungen beim Bafög eigentlich bereits gewährt hat. Das wiederum lässt für die Studierenden auch für die Jahre nach 2024 Böses ahnen.

Eine Bafög-Reform soll aber kommen. Der Fairness halber sei gesagt: Es gibt einige richtige Ansätze in der Bafög-Reform, die derzeit als Referentenentwurf vorliegt. Dazu zählt die Starthilfe von 1000 Euro als einmaliger Zuschuss für besonders bedürftige Studierende. Auch dass es für Bafög-Bezieher ein wenig einfacher sein soll, das Studium zu verlängern oder das Studienfach zu wechseln, ist vernünftig. Nur: Ohne Bafög-Erhöhung lässt die Ministerin die Studierenden im Stich – und verschärft damit das Problem, dass inzwischen bereits in der unteren Mittelschicht stark gerechnet wird, ob sich ein Studium überhaupt finanzieren lässt.

Koalitionspartner SPD hat angekündigt, Druck auf die FDP-Ministerin zu machen, damit doch noch eine Erhöhung kommt. Das ist dringend notwendig. Gebraucht wird auch unbedingt ein fester Mechanismus für eine regelmäßige Bafög-Erhöhung. Das Bafög darf kein Almosen sein.

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