Migration Abgelehnte Asylbewerber: Europa will schneller abschieben

Polizeibeamte begleiten einen abgelehnten Asylbewerber auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Flugzeug.
Polizeibeamte begleiten einen abgelehnten Asylbewerber auf dem Flughafen Leipzig-Halle in ein Flugzeug.

Angesichts des zunehmenden Flüchtlingsdrucks auf Europa wird in der EU darüber gestritten, wie die Anzahl der Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern erhöht werden kann.

Europa reagiert zunehmend hilflos auf die steigende Anzahl von Migranten. Wegen des ruhigen Sommerwetters wagen offensichtlich immer mehr Menschen die gefährliche Fahrt über das Mittelmeer. Ziel sind vor allem Italien und Griechenland. Laut Zahlen des Innenministeriums in Rom gelangten 2023 bis einschließlich Montag knapp 100.000 Menschen über den Seeweg ins Land – mehr als doppelt so viele wie im Vorjahreszeitraum. Auch in Griechenland ist nach Informationen aus Regierungskreisen in den vergangenen Tagen ein deutlicher Anstieg der Anzahl der Menschen registriert worden, die versuchen, von der türkischen Ägäisküste auf griechische Inseln überzusetzen.

Auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex meldet steigende Zahlen. Seit Jahresbeginn hätten so viele Migranten wie seit 2016 nicht mehr versucht, illegal in die EU einzureisen, teilte die Behörde in Warschau mit. Bis einschließlich Juli wurden 176.100 unerlaubte Grenzübertritte verzeichnet. Allein über die zentrale Mittelmeerroute Richtung Italien und Malta gelangten über 89.000 Personen nach Europa, mehr als das Doppelte im Vergleich zum Vorjahr. Für die Entwicklung macht die Behörde einen Wettbewerb unter kriminellen Menschenschmugglern und gesunkene Preise bei Schleppern in Libyen und Tunesien verantwortlich.

Prüfung an der Grenze

Angesichts dieser Zahlen wird in der EU immer lauter darüber gestritten, wie die Anzahl der Abschiebungen von abgelehnten Asylbewerbern erhöht werden könnte. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat dazu bereits Anfang August ein Maßnahmenpapier vorgelegt. Gleichzeitig arbeitet die EU an einer Asylrechtsreform. Auch dieses Gesetzespaket umfasst neue Regeln sowie die Überarbeitung bestehender Rechtsvorschriften für die Abschiebung. Die EU-Institutionen wollen das Paket noch vor der Europawahl im Juni 2024 verabschieden.

Laut Eurostat, dem Statistikamt der Europäischen Union, haben die EU-Staaten 2022 insgesamt 422.400 sogenannte Rückführungsentscheidungen ausgestellt und damit Migranten zur Ausreise aufgefordert. Allerdings wurde weniger als ein Viertel daraufhin tatsächlich in ein Land außerhalb der EU gebracht. Ein zentrales Problem ist, dass Herkunftsländer und Drittstaaten oft die Zusammenarbeit bei der Rücknahme von Personen verweigern. Zudem wehren sich viele Betroffene gegen ihre Abschiebung. Häufig verlassen sie den EU-Staat, der die Abschiebung vornehmen möchte, und stellen einen neuen Asylantrag in einem anderen Land.

Kaum Kooperation

Die EU-Staaten kooperieren bisher wenig bei Abschiebungen. Aus diesem Grund soll in Zukunft die Zusammenarbeit innerhalb der EU gestärkt und ein gemeinsames System für Abschiebungen entwickelt werden. Nach dem Willen der Europäischen Kommission sollen die Mitgliedsstaaten zum Beispiel die Rückführungsentscheidungen gegenseitig anerkennen. Die Entscheidungen werden seit März zentral gespeichert.

Die Asylrechtsreform sieht vor allem vor, dass Asylbewerber mit geringer Bleibechance schneller und direkt von der EU-Außengrenze abgeschoben werden. Dahinter stehen die sogenannten Grenzverfahren. Haben Menschen eine Staatsangehörigkeit, deren Anerkennungsquote für Asyl bei unter 20 Prozent liegt, oder sind sie über einen sicheren Drittstaat eingereist, sollen sie an der Grenze festgehalten werden. Ihr Anspruch auf Asyl soll dann vor Ort und innerhalb von zwölf Wochen in einem Schnellverfahren geprüft werden. Wer keine Aussicht auf Asyl hat, soll direkt abgeschoben werden.

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