Juden in Deutschland 70 Jahre Zentralrat der Juden: Geburtstag mit gemischten Gefühlen

Zentralratspräsident Josef Schuster beim Festakt in Berlin.
Zentralratspräsident Josef Schuster beim Festakt in Berlin.

Unter freiem Himmel feierte am Dienstag der Zentralrat der Juden sein 70-jähriges Bestehen. Und warnte vor der Ruine der Neuen Synagoge in Berlin vor Antisemitismus.

Würdigung und Mahnung an einem symbolträchtigen Ort: Im Innenhof der Neuen Synagoge in Berlin fand der Festakt zum 70-jährigen Bestehen des Zentralrats der Juden in Deutschland statt. Sie war einst mit 3200 Sitzplätzen das größte jüdische Gotteshaus Deutschlands. Nach der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und dem späteren Wiederaufbau der erhalten gebliebenen Teile gilt das Gebäudeensemble einerseits als Mahnmal. Andererseits symbolisiert es mit seiner goldschimmernden Kuppel den Stolz der Berliner Juden.

An diesem Ort in Berlin-Mitte kamen Repräsentanten des Zentralrats, Spitzenpolitiker, Rabbiner und christliche Bischöfe so wie Vertreter des Islam zusammen, um zu feiern – und angesichts von wachsendem Antisemitismus auch zu mahnen.

Unbehagen macht sich breit

Die Gründer des Zentralrats hätten das Samenkorn für neues jüdisches Leben nach dem Holocaust gelegt und damit dem Land einen riesigen Vertrauensvorschuss gegeben, sagte Zentralratspräsident Josef Schuster in seiner Rede. In die jüdische Gemeinschaft habe sich aber inzwischen ein Unbehagen eingeschlichen. Dies führe dazu, etwa den Davidstern an der Halskette unter dem Pullover verschwinden zu lassen oder dass eine Mutter ihrem Sohn rate, ein Israel-T-Shirt besser nicht in die Schule anzuziehen.

2000 antisemitische Straftaten

„Leise stellt sich die Frage, wie sicher wir in diesem Land noch leben können“, sagte der Zentralratspräsident. Im vergangenen Jahr habe die Polizei mehr als 2000 antisemitische Straftaten registriert – eine Rekordzahl der vergangenen 20 Jahre.

Verlässlicher Partner

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) würdigte den Zentralrat als verlässlichen Partner in Politik und Gesellschaft. Und betonte: „Wir dürfen uns über ein blühendes jüdisches Leben freuen.“ Sie fand aber auch deutliche Worte zu den Beleidigungen, Drohungen oder Verschwörungsmythen, die sich gegen jüdische Bürger richteten. „Es ist eine Schande und beschämt mich zutiefst, wie sich Rassismus und Antisemitismus in diesen Zeiten äußern.“ Zwar habe es Rassismus und Antisemitismus immer gegeben, er trete aber sichtbarer und enthemmter auf. Dazu dürfe nicht geschwiegen werden.

Der Zentralrat wurde am 19. Juli 1950 in Frankfurt gegründet. Einst war er nur als Provisorium gedacht – heute gehören ihm bundesweit 105 Gemeinden mit rund 95.000 Mitgliedern an.

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