Rheinland-Pfalz Unerwarteter Besuch

Schönenberg-Kübelberg (swz). Gegen 19 Uhr war es, da tauchten am Samstag Dutzende „Hells Angels“ bei der alljährlichen „Blood-Party“ des Motorradclubs „Cavemen“ auf. 25 Motorräder und 20 voll besetzte Autos zählte ein Augenzeuge. Trotz des seit vergangenem Jahr geltenden Trageverbots hätten sie ihre Kutten angehabt, das Vereinsgelände „Cavemen-Town“ am Alten Bahnhof in Schönenberg-Kübelberg (Kreis Kusel) gestürmt und die „Cavemen“ gezwungen, ihr eigenes Gelände zu verlassen. Zugleich sei den „Cavemen“ ein Ultimatum gestellt worden: entweder künftig die „Hells Angels“ unterstützen oder die „Cavemen“ auflösen. Während sich die „Hells Angels“, so berichtet der Zeuge, an Speisen und Getränken der „Cavemen“ gütlich taten, zog die Polizei rund 100 Beamte aus der Pfalz und aus dem Saarland zusammen. Als die kamen, brausten die „Hells Angels“ davon. Rund 90 Minuten dauerte das Ganze. Die Polizei bestätigt den Vorgang, nennt aber keine Details. Anzeigen gibt es laut Polizei keine. Heiko Hettrich, der Chef der „Cavemen“, spielt den Vorfall gegenüber der RHEINPFALZ herunter: „Wir hatten unerwarteten Besuch der Hells Angels. Da gab’s keinen Ärger, und nach einer halben Stunde sind sie wieder gegangen.“ Warum eine Hundertschaft Polizei angerückt ist, sei ihm schleierhaft: „Von uns hat die keiner gerufen. Aber wenn der Wind geht und die Hells Angels fahren, dann kommt sofort die Polizei.“ Ein Ultimatum an die „Cavemen“, sich den „Hells Angels“ anzuschließen oder massiv Ärger zu bekommen, habe es auch nicht gegeben, sagt Hettrich: „Wir sind ein neutraler Verein und wir bleiben das auch.“ Ähnlichkeiten zu einem Vorgang vor wenigen Monaten in Kaiserslautern gebe es nicht. Dort war nach RHEINPFALZ-Informationen der Präsident des Motorradclubs „Flying Horses“ derart zusammengeschlagen worden, dass er mehrere Wochen im Krankenhaus verbrachte. Ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt hat bislang nicht zum Erfolg geführt. Auch hier habe es Drohungen der „Hells Angels“ gegeben, sich anzuschließen oder Ärger zu bekommen. Die „Flying Horses“ beschlossen vor gut zwei Monaten ihre Auflösung – die Liquidierung des Vereinsvermögens hat ein Kaiserslauterer Anwaltsbüro übernommen. Ihr Vereinsheim im Eselsbachtal steht zum Verkauf. Nach RHEINPFALZ-Informationen sollen Mitglieder der „Hells Angels“ stark daran interessiert sein. Der Vorfall vom Wochenende muss wohl in einen größeren Kontext gestellt werden. Die zuständigen Sicherheitsbehörden halten sich bedeckt, aber offenbar herrscht innerhalb der „Hells Angels“ ein Konflikt. Auf der einen Seite stehen die „Old School“-Rocker. Dabei handelt es sich meist um alteingesessene deutsche Rocker. Auf der anderen Seite formieren sich „Hells-Angels“-Chapter, in denen türkischstämmige Mitglieder das Sagen haben. Diese beiden Gruppen kämpfen um Einfluss und Macht. Nach Informationen der RHEINPFALZ sind die „Hells Angels“, die am Samstag in der Westpfalz auftauchten, dem Chapter Luxemburg zuzuordnen. Diese Ortsgruppe wird im deutschen Rocker-Millieu abfällig als „Türken-Verein“ bezeichnet. Das war anscheinend nicht immer so. Noch vor einigen Jahren hatte der mittlerweile inhaftierte Rockerboss Frank Hanebuth gute Kontakte zu einzelnen Luxemburg-Rockern. Die Mitglieder des Chapters wohnen heute in der Westpfalz, aber auch in Mannheim, Köln und Gießen. Die „Hells Angels Luxemburg“, so verlautet es aus der Szene, seien derzeit dabei, ihren Einfluss in der Westpfalz auszubauen. Vor allem Landstuhl sei Zentrum der Aktivitäten. Dort ist es ein offenes Geheimnis, dass eine Bar von den „Hells Angels“ geführt wird. In der Szene werden noch weitere Bars und Gaststätten, ein Hotel sowie ein Tattoo-Studio als den „Hells Angels“ gehörend genannt. Eine Gaststätte sei sogar das „geheime Hauptquartier der Luxemburger Rocker“. In Kaiserslautern sollen ebenfalls mehrere Gaststätten, eine Spielhalle und mehrere Terminwohnungen für Prostituierte den „Hells Angels“ gehören. Dem Umfeld der „Hells Angels“ Luxemburg sind auch die Männer zuzuordnen, auf deren Konto der Tod eines Rockers aus dem Donnersbergkreis geht. Der Präsident der rivalisierenden „Outlaws“ wurde im Sommer 2009 getötet. An der Tat waren drei Männer beteiligt, die mittlerweile wegen Totschlags zu Haftstrafen verurteilt wurden. Die „Cavemen“ waren 1968 in Zweibrücken von sieben Vietnamveteranen und vier Deutschen gegründet worden. Die Soldaten waren in der Westpfalz stationiert. Heute gliedern sich die Rocker in drei Chapter: Lebach, Trier und Ramstein. Zeitweise gab es auch in Grünstadt eine Niederlassung. Das Trierer Chapter kam im Februar in die Schlagzeilen, weil die Polizei das Clubhaus durchsuchte. Die Ramsteiner Gruppe hat ihr Vereinsgelände in Schönenberg-Kübelberg. Ihr gehören Mitglieder aus der ganzen Westpfalz an. Die Truppe gilt im Vergleich zu anderen Rockern als friedfertig. Das bedeutet aber nicht, dass es sich um gänzlich harmlose Zeitgenossen handelt. In der Westpfalz übernehmen sie immer mal wieder den Sicherheitsdienst bei Veranstaltungen. Ihr Quartier haben sie seit 1981 am Ortsrand von Schönenberg-Kübelberg aufgeschlagen. Zunächst mieteten sie das Gelände, 1999 kauften sie es. Hierher verirrt sich niemand – wer auftaucht, hat sich das vorher gut überlegt. Besucher sind laut Homepage im Internet freitags ab 20 Uhr willkommen. In der Westpfalz heißt es: „Wer die Cavemen in Ruhe lässt, den lassen die Cavemen in Ruhe.“

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