Kusel/Mainz Sparkassenaktion löst Shitstorm aus: Sozialminister bietet Platz für Seniorenbilder

Eines der Bilder aus der Ausstellung.
Eines der Bilder aus der Ausstellung.

Eine Hobbyfotografin hat in den Räumen der Kreissparkasse Kusel Porträts von betagten Menschen ausgestellt. Das passte nicht allen Kunden in die besinnliche Adventszeit, und die Sparkasse ließ die Bilder wieder abhängen. Das wiederum löst einen Sturm der Entrüstung aus. Sozialminister Alexander Schweitzer macht einen Vorschlag.

Regelmäßig bietet die Kreissparkasse Kusel Hobbykünstlern die Möglichkeit, ihre Werke einer größeren Öffentlichkeit zu präsentieren, in ihrer Schalterhalle nämlich. So weit, so gewöhnlich.

Im Dezember war die Fotografin Margit Frombach an der Reihe. Sie fotografiert alte und sehr alte Menschen. „Das Älterwerden gehört zum Leben“, sagt sie, und das zeigt sie mit ihren Porträts eindrücklich.

Nach einer Woche genug vom Älterwerden

Für manche ist das Älterwerden aber offenbar eine Zumutung oder sie blenden es lieber aus. Die Sparkasse jedenfalls hatte nach einer Woche genug von dem Thema, und sie bat die Künstlerin, ihre Bilder schnell wieder mitzunehmen.

„Die Fotoausstellung mit den Senioren ist auf Kundenseite leider eher auf negative Resonanz gestoßen“, begründet die Sparkasse ihre Maßnahme. Und: „Insbesondere in der vorweihnachtlichen Zeit ist es unser Bestreben, einen positiven Ort für unsere Kundinnen und Kunden zu schaffen.“ Im Umkehrschluss also: alte Menschen = negativer Ort?

Anstößig? Seniorin mit Nudelholz oder Zigarette im Mund

Ein Sturm der Entrüstung geht daraufhin über der Sparkasse nieder, gerade in den sozialen Netzwerken. Das Geldinstitut versucht sich zu rechtfertigen. Es sei einfach so, dass vor Weihnachten in der Schalterhalle ziemlich viel los sei. Wenn dann die vier Mitarbeiter im Service damit beschäftigt seien, die Kritik von Kunden an den ausgestellten Fotos entgegenzunehmen oder Erläuterungen dazu abzugeben, dann halte das den Betrieb enorm auf.

Die Kunden hätten an einigen wenigen Fotos Anstoß genommen. Eine Seniorin mit Nudelholz in der Hand oder mit einer Zigarette im Mund oder mit Kopfbedeckung. „Diese Bilder haben zu Diskussionen geführt. Die Kunden hatten den Eindruck, dass hier alte Leute vorgeführt werden“, sagt ein Mitarbeiter der Sparkasse. Der Vorstandsvorsitzende ist ganztags unterwegs und nicht zu sprechen.

Der Mitarbeiter kündigt an, das Geldinstitut werde die Porträts nun „in alternativer Form“ zeigen, in einer Online-Galerie, als Slide-Show, „eventuell sogar in etwas größerem Rahmen“.

Sozialverband: „Wir brauchen Eier!“

Doch das Kind liegt im Brunnen. Das Unverständnis über die Sparkasse ist groß – nicht nur im Kundenkreis, weit darüber hinaus. Willi Jäger, der Vorsitzende des Sozialverbands VdK Rheinland-Pfalz, kommentiert am Freitag: „Oliver Kahn sagte einmal ,Eier! Wir brauchen Eier!’ Daran hätte die Kreissparkasse Kusel denken sollen, bevor sie wegen ein paar ignoranten Kunden einknickt. Doch anstatt die Ausstellung zu verteidigen, folgte ein Rückzieher samt tollpatschiger Erklärung.“ Und Jäger setzt noch eins drauf: „Anscheinend findet es der Bankvorstand folgerichtig, Seniorinnen und Senioren aus der Öffentlichkeit zu verbannen, um die Weihnachtsstimmung nicht zu versauen. Damit macht sich die Kreissparkasse Kusel unglaubwürdig und verkehrt die ursprünglich gute Botschaft ins Gegenteil. Mehr als peinlich.“

Der Sparkassenverband Rheinland-Pfalz hält sich bedeckt, es handele sich um „eine geschäftspolitische Entscheidung der Kreissparkasse“, zu der sich der Verband nicht äußere.

Minister will die Fotos jetzt nach Mainz holen

Alexander Schweitzer, als Sozialminister von Rheinland-Pfalz auch für die ältere Generation zuständig, schreibt: „Älterwerden gehört zum Leben und in die Mitte der Gesellschaft. Und noch nie war das Alter so bunt und so facettenreich wie heute. Kunst und Kultur machen diese Vielfalt für alle Generationen sichtbar und erlebbar.“ Schweitzer (SPD) will die Fotos jetzt prominent in Mainz zeigen: „Ich stelle die Räumlichkeiten meines Ministeriums gerne für eine Ausstellung zur Verfügung.“ Weiterer Bericht mit Kommentar hier.

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