Meinung „Saarbrooklyn“ trendet wieder
Die Saarländer scheinen sich im Saarland sehr wohlzufühlen, nur der Rest von Deutschland nicht. So oder so ähnlich mutmaßte in dieser Woche ein Moderatoren-Team im Fernsehen. Seit zwei Jahren ist Saarbrooklyn in ganz Deutschland bekannt. Spiegel TV sei Dank!
Oder nicht. Denn der gut 20-minütige Beitrag vor zwei Jahren schlug hohe Wellen. Von Gewalt und Drogen war die Rede und von einer Stadt, die verkommt. Die Oberbürgermeisterin fühlte ihre Stadt falsch dargestellt und legte Programmbeschwerde ein, beschwerte sich bei der Landesmedienanstalt darüber, dass die Reporter ihre Position nicht gehört hätten, schrieb selbst die Süddeutsche Zeitung im fernen München.
Der New Yorker Stadtteil Brooklyn, auf den sich das Wortspiel bezieht, teilt ein Schicksal mit Saarbrücken. Vielleicht sind sie besser als ihr Ruf? Touristen trauen sich dort nicht hin, weil sie denken, es sei gefährlich.
Saarbrücker wehren sich kreativ
Jedenfalls rumort es in dem kleinen Nachbarbundesland seit dem Erscheinen des Spiegel-TV-Beitrags vor zwei Jahren. Die ortsansässige Lokalzeitung schrieb Artikel um Artikel, der Saarländische Rundfunk drehte Beitrag um Beitrag. Dieses Jahr im Juni kam gar ein Film in die Kinos von einer Pro-Saarland-Initiative. „The Other Side of Saarbrooklyn“ (Die andere Seite von Saarbrooklyn). Die Saarländer gehen kreativ mit Krisen um, wie es scheint. Rapp-Lieder gibt es auch auf der Plattform YouTube, die die Schönheit der Stadt anpreisen.
Könnte jetzt alles gut sein, aber das wäre schlecht für die Einschaltquote … Der TV-Sender Pro Sieben hat diese Woche täglich einen Beitrag über Saarbrooklyn im Nachmittagsmagazin „Taff“ gezeigt. Da gibt es arme Saarbrücker, die erzählen, wie schön ihre Stadt doch ist, und da gibt es die Reichen, die erstmal ihre Villa präsentieren bevor auch sie sich zu ihrer Heimat bekennen. Saarbrücken, eine Stadt, zwei Welten … In der bundesweiten Statistik der Straftaten auf Platz vier. Frankfurt am Main liegt im Vergleich dazu auf Platz zwei. Heißt es in den Beiträgen. Aber der Zusammenhalt sei laut Bertelsmann Stiftung spitze im bundesweiten Vergleich. 73 Prozent der Saarländer sind nie aus ihrer Heimat weggezogen. Davor kommt nur Bayern mit 83 Prozent Heimatverbundenen.
Und wie das eben so ist, wenn man Salz in die Wunde streut: Alles reißt wieder auf. Alles ist wieder da. In den sozialen Netzwerken trenden die Beiträge. Die Nutzer diskutieren wie wild über das Für und Wider. Saarbrücken ist wieder im Fokus. Einzig die Uno hat sich noch nicht eingeschaltet in Sachen Völkerrecht und so.
Dokus über Pfälzer Städte
Da kann man als Pfälzer entspannt über den Gartenzaun zu den gestressten Saarländern schauen. Oder doch nicht? Mal ehrlich: Eher doch nicht! Ludwigshafen wurde im Spiegel berühmt-berüchtigt für seinen „Pissbahnhof“. In Kaiserslautern gab es die Vox-Doku über den Asternweg, Pirmasens lief Sturm bei der Serie „Hartz, aber herzlich“ im Winzler Viertel. Die Pfälzer wissen, was leiden heißt. Und in jeder Stadt findet man ein Viertel, in dem die Polizei mehr zu tun hat.
Was das Saarland ausmacht
Was Saarbrücken und das übrige Saarland ausmacht? Ein Fremder ist nicht lange fremd, sondern schnell fester Bestandteil der Familie. Jeder kennt jeden – mit allen Vor- und Nachteilen. Auf den Straßen kann man sich nicht verirren, weil garantiert ein hilfsbereiter Saarländer vorbeikommt. Das eint sie mit der Pfalz ... Der Unterschied? Die Schwenker! „Hauptsach gudd gess. Geschafft hammer schnell!“ Schade, dass es dafür keine Statistiken gibt. Aber im Nachhinein wäre es ja auch schlecht für die TV-Quote.