Politik Generation Greta

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Es ist gut, dass sich die Jugend weltweit lautstark für eine lebenswerte Zukunft einsetzt. Die Proteste, die auch an diesem Freitag fortgeführt werden, müssen jedoch bald in politisches Handeln münden. Sonst läuft sich die Bewegung schnell tot. Eine Leitfigur wie Greta Thunberg ist wichtig. Die Fixierung auf sie ist aber nicht ganz ungefährlich.

Es gibt Mädchen, die tragen bei den Demos sogar Zöpfchen wie Greta Thunberg. Die 16-jährige Schwedin hat mit ihrem Schulstreik vor dem schwedischen Reichstag junge Menschen in der ganzen Welt motiviert, es ihr gleich zu tun. Aus der Einzelaktion einer Schülerin ist eine globale Umweltbewegung geworden: „Fridays for Future“. Auch an diesem Freitag wird wieder demonstriert. Und Greta, das ernst blickende Mädchen mit der weißen Strickmütze, wird gefeiert wie ein Popstar. Und das nicht nur von der Jugend. Es scheint, als seien all die Gebete der Wissenschaftler erhört worden. Da ist plötzlich jemand, der die Quintessenz ihrer Klimaberechnungen und -modelle, ihrer inständigen Warnungen und eindringlichen Katastrophenszenarien so rüberbringt, dass die Menschen auch zuhören. Jemand, der einen großen Teil der als bequem und unpolitisch gescholtenen Jugend auf die Straße bringt.

Es hagelte sofort böse Kommentare

Wer genau hinhört, der erkennt, dass es den jungen Menschen darum geht, endlich ernst genommen zu werden. Sie wollen nicht mehr vertröstet werden auf den Sankt-Nimmerleinstag. Und sie vertrauen nicht länger darauf, dass es die Erwachsenen schon richten werden. Letztere reagieren bisher jedoch mehrheitlich nach altbekanntem Muster. Einige vertrösten. Andere sprechen den jungen Menschen Wissen und Kompetenz ab, denn das Thema Klimawandel, so sagen sie, sei ja so komplex. Und dann gibt es noch welche, die eifrig Beifall klatschen, aber insgeheim hoffen, dass der Elan der Jugendlichen bald verpufft. Nicht zu vergessen diejenigen, die die Bewegung für ihre eigenen Zwecke zu vereinnahmen suchen. Paradebeispiel hierfür ist die Ehrung Gretas mit dem deutschen Film- und Fernsehpreis „Goldene Kamera“. Eigens für die Schülerin hatten die Veranstalter einen „Sonderpreis Klimaschutz“ erfunden. Um dann in derselben Sendung einer Nachwuchsschauspielerin einen SUV eines in die Schlagzeilen geratenen deutschen Autoherstellers zu schenken. Doch so leicht ließen sich Gretas Mitstreiter nicht hinters Licht führen. Es hagelte sofort böse Kommentare.

Sofort und weltweit

Denn eines sind die jungen Menschen: gradlinig und konsequent. Sie wissen durchaus, dass jeder Einzelne Verzicht üben muss, um den Klimawandel zu verlangsamen, und sind größtenteils auch gewillt, danach zu handeln. Sie haben aber auch verstanden, dass Einzelaktionen nicht ausreichen. Dass politisches Handeln nötig ist. Sofort und weltweit. Ob und in welchem Umfang aus den Forderungen konkrete Maßnahmen erwachsen, ist ungewiss. Zum einen ist die Fixierung auf eine Leitfigur wie Greta nicht ungefährlich. Das Mädchen droht zum Popstar zu werden, zum bejubelten Promi, bei dem die Botschaft langsam aber sicher hinter der Person verschwindet. Darüber hinaus könnte sich die Bewegung totlaufen, weil die Jugendlichen merken, dass sie von der Politik zwar beklatscht, aber letztlich doch nicht ernst genommen werden.

„Fridays for Future“ droht zu versanden

Jetzt kommt es darauf an, dass die Jugendlichen die Energie und das Durchhaltevermögen aufbringen, konkret in der Politik mitzumischen. Und dass es die Politik in Kommunen, Ländern und Bund schafft, die jungen Menschen einzubinden. Dass sie gewillt ist, die Chance zu nutzen, die die Begeisterung und der Elan der Jugend für den in weiten Teilen schon ziemlich verknöcherten Politikbetrieb bieten. Gelingt dies nicht, wird „Fridays for Future“ über kurz oder lang ergebnislos versanden. Und Tausende engagierte junge Leute werden sich desillusioniert von der Politik abwenden.

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