LEITARTIKEL Warum die CDU vielleicht bald mit den Linken regieren muss

Stehen für CDU/CSU im Schaufenster: Friedrich Merz, Hendrik Wüst und Markus Söder.
Stehen für CDU/CSU im Schaufenster: Friedrich Merz, Hendrik Wüst und Markus Söder.

Dürfen die Christdemokraten mit den Linken regieren? Sie dürfen nicht nur, im Osten werden sie es wohl bald müssen.

Quo vadis, CDU? Für die Union wird das Jahr 2024 ein herausforderndes. Nach der verlorenen Wahl 2021 standen der Partei drei Phasen bevor: Zunächst ging es nach 16 Regierungsjahren darum, oppositionsfähig zu werden. Das ist gelungen.

Phase 2 war der inhaltlichen Erneuerung gewidmet. Sie ist weitgehend abgeschlossen. Die Parteispitze hat das neue Grundsatzprogramm beschlossen. So legt die CDU in der Asylpolitik eine 180-Grad-Kehrtwende hin. Die Atomenergie ist wieder eine Option, Leitkultur und Konservativismus sind auch wieder ein Thema – um ein paar Stichworte zu nennen. Damit hat die Partei einen Schlussstrich unter der Ära Merkel gezogen.

Phase drei ist auf die Bundestagswahl 2025 ausgerichtet: Herstellung der Regierungsfähigkeit.

Merz, Wüst, Söder?

Den meisten Bürgern vermittelt sich Politik in wenigen eingängigen Botschaften. Das heißt: Die Union wird bei den drängendsten Fragen – Migration, Ängste vor Wohlstandsverlust, Klima – klare und vermittelbare Alternativen zu den Ampelparteien und zur AfD formulieren – und vermarkten müssen. Das ist nicht trivial, siehe das Kommunikationsdesaster der Ampel.

Regierungsfähig zu sein heißt auch die Frage überzeugend zu beantworten: Wer zieht den Karren im Bundestagswahlkampf? Die Union hat die Wahl 2021 auch deshalb vergeigt, weil sie Armin Laschet an der Spitze hatte – und in der weiß-blauen Alpenkulisse den Heckenschützen Markus Söder (CSU).

Erst das Land und dann die Partei!

Für 2025 stehen im Schaufenster Friedrich Merz, Markus Söder und Hendrik Wüst, Stand heute. Einen Favoriten gibt es nicht. Merz ist nicht beliebt, Wüst ist unbekannt. Also doch Söder? Er beteuert stets, sein Platz sei in Bayern. Aber sein Geschwätz von gestern hat ihn noch nie gestört …

Da ist aber noch was, diktiert vom garstigen Polit-Alltag: Nicht nur für die CDU, aber eben in besonderem Maße gilt 2024 für sie das Motto „Erst das Land und dann die Partei!“

Warum? Im September stehen Wahlen an in Sachsen, Thüringen und Brandenburg. Es geht dabei um nichts weniger als die Frage: Wird erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik ein Rechtsextremist Regierungschef? In den Umfragen ist die AfD in Brandenburg und Thüringen die mit Abstand stärkste Kraft, in Sachsen liegt sie immerhin vier Prozentpunkte vor der CDU.

Weg mit dem Beschluss von 2018

Was heißt das? Die CDU muss das bisher Undenkbare denken. Wenn die AfD von den Staatskanzleien ferngehalten werden soll, muss die CDU in allen denkbaren Szenarien mit in die Regierung – auch mit den Linken. Oder sie muss zumindest eine Landesregierung mit Linken tolerieren.

Dem steht jedoch ein Unvereinbarkeitsbeschluss entgegen. 2018 hatte die Partei beschlossen: „Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab.“ Angesichts der Bedrohung des Landes durch den Rechtsextremismus sollte die CDU den Beschluss gegen die Linken aufheben. Das mag vor dem Hintergrund der SED-Vergangenheit dieser Partei für manche ein schwerer Brocken sein. Aber: Bisher hat die Linke in drei Bundesländern mitregiert. In Thüringen stellt sie gar den Ministerpräsidenten. Nirgendwo dort ist die DDR auferstanden aus Ruinen.

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