Speyer Schulden abladen beim Kreis?

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Germersheim

. Für „Stimmung“ sorgte bei der Diskussion die SPD-Fraktion mit Sprecher Uwe Schwind, die in einem von fünf hauptamtlichen SPD-Bürgermeistern unterzeichneten offenen Brief die Senkung der Kreisumlage um 1,5 Prozentpunkte forderte. Das sind umgerechnet rund 2,7 Millionen Euro, die die Städte und Gemeinden nächstes Jahr nicht an den Landkreis überweisen müssten. Begründet ist die Forderung mit einem Überschuss im Kreishaushalt von rund 1,5 Millionen Euro, den Landrat Fritz Brechtel (CDU) in seiner Haushaltsrede vorstellte. Dass sich die SPD dabei möglicherweise eine Verwechslung leistete, tat der Debatte keinen Abbruch. Es waren wohl nicht 1,5 Prozentpunkte der Umlage, die die Gemeinden weniger zahlen sollten, sondern eher die überschüssigen 1,5 Millionen Euro des Kreises, die sie abschöpfen wollten. Die Kontrapunkte setzten FDP und AfD, die eine Erhöhung der Kreisumlage forderten. Damit solle gewährleistet werden, dass der Kreis Schulden abbauen könne und nicht, wie im Plan 2017 vorgesehen, neue aufbaue. Heiko Wildberg (AfD) kritisierte: „Die Kommunen im Kreis weisen keine Überschuldung auf, aber beim Kreis wachsen die Schulden. Die Bürgermeisterfraktion macht sich einen schlanken Fuß und lädt Schulden beim Kreis ab.“ Der werde so zur „Bad Bank“. Dass die Überschuldung des Kreises (negatives Eigenkapital) gegen die Landkreisordnung verstoße, sei ein Übriges. Bänker Gerhard Löwer (FDP) machte sich „Gedanken eines Bänkers zum Kreishaushalt“ und sagte, „wir versündigen uns an der nächsten Generation“. Übersetzt heißt das, der Kreis wird nie mehr in der Lage sein, seine Schulden zu bezahlen. Die Katastrophe komme, wenn die Wirtschaft lahmt oder die Zinsen steigen. Die Überlegungen der SPD zur Senkung der Kreisumlage seien „verantwortungslos“. Wenn es die Pflichtaufgaben eines Landkreises sind, die den Ausgleich des Haushaltes verhindern, „verstehe ich die Aufsichtsbehörde nicht, die solche Haushalte genehmigt“. Im Klartext: Die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) müsste den Kreis zwingen, die Umlage zu erhöhen. CDU, Freie Wähler, Grüne und Linkspartei stehen hinter dem Haushaltsentwurf und segneten ihn mit 25 zu 16 Stimmen ab. Fünf Kreistagsmitglieder fehlten oder stimmten nicht mit ab. Landtagsabgeordneter Martin Brandl hatte für die CDU den Haushaltsentwurf als von Investitionen geprägt bezeichnet, der „wichtige Weichen für die Zukunft“ stelle. Was die Überschuldung angehe, müssten Kreis und Gemeinden als Solidargemeinschaft Wege finden, damit umzugehen. Kein Weg ist seiner Meinung nach die Forderung der SPD nach Senkung der Kreisumlage, zumal die SPD auch keinerlei Vorschläge mache, wo der Kreis an anderen Stellen dafür weniger Geld ausgeben soll. Einen Seitenhieb auf die Landesregierung konnte sich Brandl als Oppositionspolitiker in Mainz nicht verkneifen: „Wenn das Land das für die Kommunen bestimmte Geld vom Bund weitergeben würde, hätten wir weniger Probleme mit dem Haushalt.“ Für die Freien Wähler signalisierte Reiner Hör Zustimmung zum Haushalt, „weil die Aufwendungen notwendig und sinnvoll sind und nicht aufschiebbar“. Annette Krysmansky (Grüne) sagte, der Kreis habe ein Einnahmeproblem, das durch eine Senkung der Kreisumlage noch größer werde. „Eigentlich müsste die Kreisumlage erhöht werden, um die Einnahmesituation zu verbessern.“ Der SPD-Forderung nach einem prüfenden „Blick von außen auf den Haushalt“ stimmte sie aber zu. Landrat Fritz Brechtel (CDU) hatte in seiner Rede betont, dass 99 Prozent der Ausgaben des Kreises Pflichtaufgaben seien, die er erfüllen müsse. Es geht dabei um Sozial- und Jugendhilfe, aber auch um Schulgebäude und Kitaplätze. 206 Millionen Euro plant der Landkreis im kommenden Jahr auszugeben, 207,5 Millionen Euro Einnahmen werden erwartet (wir berichteten). Der daraus resultierende Überschuss von 1,5 Millionen Euro schwindet allerdings bereits, denn der VRN hat 436.000 Euro Nachzahlung für die S-Bahn angekündigt. Die umstrittene Kreisumlage trägt rund 85 Millionen Euro zu den Einnahmen bei. Brechtel betonte, für einen gut aufgestellten Kreishaushalt dauerhaft ohne Defizit müsste die Umlage um 1,5 bis 2 Prozentpunkte erhöht werden. Das entsprächen 2017 zwischen 2,7 und 3,6 Millionen Euro, die die Gemeinden mehr an den Kreis abführen müssten. Dass der Kreis das nicht tue, betrachte er als Beitrag des Kreises zur Solidargemeinschaft mit Städten und Gemeinden, so der Landrat. Er räumte aber auch ein, dass die Schulden von 134 Millionen Euro am Ende dieses Jahres auf 143 Millionen Euro Ende nächsten Jahres steigen werden. |tom

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