Speyer Wie es mit der Bannweide in Otterstadt weitergeht

Die Bannweide bei Otterstadt: Dort fördert die Firma Rohr seit mehr als 30 Jahren Kies und Sand. Das will sie auch in den kommen
Die Bannweide bei Otterstadt: Dort fördert die Firma Rohr seit mehr als 30 Jahren Kies und Sand. Das will sie auch in den kommenden zehn Jahren tun.

Fragen & Antworten: Mit diesem Schlag hat die Waldseer Firma Rohr nicht gerechnet: Nach eineinhalb Jahren Verhandlungen und einem abgestimmten Vertragsentwurf signalisiert die Ortsgemeinde Otterstadt Firmeninhaber Axel Rohr, dass sie den Pachtvertrag für die Bannweide Ende 2018 doch nicht mehr verlängern möchte. Für den dortigen Kiesabbau hat Rohr von der Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd noch eine Genehmigung bis 2028.

Was ist die Vorgeschichte?

Es sollte in der letzten Sitzung des Ortsgemeinderats Otterstadt vor der Sommerpause eine Grundsatzentscheidung über die Vertragsverlängerung mit der Firma Rohr getroffen und anschließend gleich über Anträge mehrerer Fraktionen zur Renaturierung des Kiesabbaugebietes diskutiert werden. Doch soweit kam es nicht. Die Tagesordnungspunkte wurden nach einem kurzen aber heftigen Streit, bei dem Werner Benedix (BIO) Ortsbürgermeister Bernd Zimmermann (CDU) vorgeworfen hatte, falsch informiert zu haben, in den Ausschuss vertagt. Im Gespräch mit der RHEINPFALZ erklären Axel Rohr und Robert Gard, Prokurist von Rohr Sand und Kies, nun, worum es bei der Auskiesung in der Bannweide überhaupt geht und welche Konsequenzen es hätte, sollte die Ortsgemeinde den Vertrag nicht verlängern. Was wurde in der Bannweide bisher gemacht und was ist geplant? Der Baggersee, aus dem die Firma Rohr Kies und Sand gräbt, liegt rechts von der Straße, die auf die Kollerinsel führt, an der Stelle, wo die Straße nach links abknickt. Ursprünglich war das Gebiet Ackerland. Anfang der 1960er-Jahre begann die Otterstadter Firma Netter von der Straße aus mit dem Kiesabbau und baute dort ein Kieswerk. Später baggerte die Firma Gebrüder Grieshaber vom Rhein aus nach Sand und Kies. Ursprünglich waren es also zwei Baggerseen, die dann zusammenstießen. In den 1990er-Jahren übernahm die Firma Rohr das Kieswerk und die Rechte zur Auskiesung von der Firma Netter, die einige Jahre später insolvent ging. Bis 2013 baute Rohr dort Kies ab, dann war die Lagerstätte erschöpft. Im Jahr 2010 meldeten auch die Brüder Grieshaber Insolvenz an. Die Firma Rohr übernahm auch dort die Rechte und Pflichten zur Entnahme der Rohstoffe. So musste das Unternehmen laut eigenen Angaben eine alte Verladeanlage von Grieshaber abbauen und an manchen Stellen nachregulieren. „Diese Pflichten haben wir erfüllt“, sagt Gard. Vor fünf Jahren baute die Firma Rohr anstelle des alten Netterschen ein neues, kleineres und effizienteres Kieswerk. „Wir haben schließlich gedacht, wir haben Investitionssicherheit“, erklärt Rohr. Außerdem begann die Firma, zum Teil Schiffe für den Abtransport des Kies und Sands zu verwenden. Die ein bis zwei Schiffsladungen pro Woche ersetzen zwischen 40 und 200 Lastwagen, die den Kies, wie Firmeninhaber Rohr betont, nicht durch Otterstadt, sondern an Otterstadt vorbei abtransportieren. Rund eine Million Euro hat das Unternehmen nach eigener Aussage dafür investiert. Nun hat Rohr, wie er sagt, die rechtliche Genehmigung, im Bereich des ehemaligen Grieshaber-Geländes noch bis 2028 Kies zu fördern. „Wir würden von jetzt zwölf auf dann 22 Meter Tiefe baggern, an der Uferlinie ändert sich nichts. Dass Ufer durch die Auskiesung abbricht, kann man ausschließen“, erklärt Gard. Wer muss den Kiesabbau genehmigen? Unternehmen, die Sand und Kies abbauen möchten, benötigen eine öffentlich-rechtliche Genehmigung. Für das Gelände, um das es jetzt geht, ist die SGD Süd zuständig. Diese Genehmigung galt zunächst bis Ende 2018, wurde aber schon vor vier Jahren bis 2028 verlängert. Sie schreibt unter anderem genau vor, wie die Uferlinie des Baggersees aussehen und wie die Böschung im See geneigt sein muss. Daher kann die Firma Rohr auch nicht – wie es der Angelsportverein Otterstadt vor einem Jahr beantragt hat – Flachwasserzonen aufschütten oder gar eine Landzunge anlegen. „Der Vorschlag ist durchaus berechtigt, wir müssen uns aber an die Genehmigung halten“, erklärt Gard. Eine Änderung der Genehmigung könnte zwar beantragt werden, das würde aber nach Gards Schätzung rund 35.000 Euro kosten. „Wir sind der Meinung, wer bestellt, zahlt“, sagt Rohr. Die Firma würde sich dennoch an der Hälfte der Kosten beteiligen. Da das Gebiet der Firma Rohr aber nicht gehört, gibt es einen zweiten Vertrag: Den Pachtvertrag mit dem Grundstücksbesitzer – der Ortsgemeinde Otterstadt. Dieser endet zum 31. Dezember 2018. Über eine Vertragsverlängerung, ebenfalls bis 2028, sei man sich einig gewesen. „Wir haben unsere Pflichten erfüllt, sollen aber unsere Rechte nicht ausschöpfen können. Wir wissen nicht, woran es hakt“, sagt Rohr. Was passiert, wenn Otterstadt die Vertragsverlängerung verweigert? Dann darf die Firma Rohr keine Rohstoffe mehr aus der Bannweide entnehmen. Das Kieswerk müsste zurückgebaut werden. Die drei Mitarbeiter, die vor Ort arbeiten, würden ihren Job verlieren. Außerdem würden weitere Mitarbeiter in der Zentrale des Unternehmens in Waldsee arbeitslos werden. Rohr und Gard rechnen mit zehn Personen, darunter einige Otterstadter. Auch Fremdfirmen, die den Kies abtransportieren, wären betroffen. Die Ortsgemeinde Otterstadt würde laut der Firma Rohr in den nächsten zehn Jahren Einnahmen in Höhe von rund 707.000 Euro verlieren – rund 565.000 Euro Kiespacht und 142.000 Euro Gewerbesteuer. Gard erklärt, dass sich diese Summe aus den Zahlen der Jahre 2015 bis 2018 ergibt. Denn erst seit dieser Zeit laufe die Kiesentnahme stabil, zuvor sei man mit anfallenden Aufgaben aus der Betriebsübernahme von Grieshaber beschäftigt gewesen. Die Zahlen aus den Jahren davor seien nicht aussagekräftig. Gard gibt außerdem zu bedenken, dass es mit dem Ende der Kiesausbeute auch Änderungen für die Freizeitnutzung der Bannweide geben wird. Grund sei der Bewirtschaftungsplan Natura 2000, denn die Bannweide ist ein Schutzgebiet. Dieser Plan sehe vor, dass mit dem Ende der Kiesausbeute jegliches Befahren mit Booten sowie jede Freizeitnutzung eingestellt werden müssen.

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