Rhein-Pfalz Kreis Verluste und Vorwürfe

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Neuhofen. Alle Jahre wieder muss eine Kommune ihre Finanzen für die nächsten zwölf Monate planen: im jeweiligen Haushalt. Darin wird kalkuliert, wie viel Geld sie wohl einnehmen und ausgeben wird und in welche Projekte wie viel investiert werden soll. In Neuhofen fällt dieses Zahlenwerk für 2017 ernüchternd aus: Im Ergebnishaushalt, der mit einer Gewinn-und-Verlust-Rechnung vergleichbar ist, fehlt rund eine Million Euro. Im Finanzhaushalt, der den Geldfluss auf dem Gemeindekonto abbildet, beträgt das Minus 1,2 Millionen Euro. Um diesen Teil des Etas auszugleichen, wird Neuhofen wohl einen entsprechend hohen Kredit aufnehmen müssen. Wodurch sich wiederum die Verschuldung erhöht, und zwar um 1,6 Millionen auf rund 5,9 Millionen Euro. Immerhin: Die Steuersätze werden nicht erhöht. Aufgrund der knappen Kasse muss die Ortsgemeinde auch im nächsten Jahr jede geplante Investitionen von der Kommunalaufsicht in Ludwigshafen genehmigen lassen. Die Liste der geplanten Projekte ist entsprechend überschaubar: die Kita Pavillon sowie die Rehbachschule erweitern, die Küche der Kita Kunterbunt ausbauen, Straßen erneuern und den Tennenplatz in der Ortsmitte in einen Hybridrasenplatz umwandeln. Viel mehr geht nicht, doch selbst das schlägt schon mit voraussichtlich 2,2 Millionen Euro zu Buche. Davon entfällt der Löwenanteil mit 1,25 Millionen Euro auf die angestrebten Arbeiten in der Kita „Pavillon“, wo drei zusätzliche Gruppen untergebracht werden sollen (wir berichteten). Darüber hinaus muss laut Ortsbürgermeister Gerhard Frey (parteilos) rund eine halbe Million Euro für den Unterhalt aufgewandt werden. So sollen etwa 105.000 Euro in Außenfassade und Möblierung des Bürgerhauses „Neuer Hof“ fließen und 100.000 Euro ins Dach der Museumsscheune. Die Vorhaben seien überwiegend unabweisbar. Trotz der steigenden Schulden gelte es, einem Investitionsstau entgegenzuwirken, sagte er. SPD-Fraktionschef Arthur Nasel erinnerte an die Erfolge 2016: das Umstellen der Straßenlaternen auf LED-Technik und das Ertüchtigen des Sommerdamms. Aber vieles habe auch verschoben werden müssen. Einiges davon solle schnellstens nachgeholt werden. Denn durch aufgeschobene Arbeiten entstünden letztlich nur mehr Aufwand und höhere Kosten. Die Ausgaben für Kitas und Schulen seien sinnvoll. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Robin Hahn kritisierte hingegen, dass die Hälfte der Investitionen für den Ausbau der Kita „Pavillon“ vorgesehen ist. Da seine Fraktion deren Erweiterung für den falschen Weg halte (wir berichteten zuletzt am Montag), lehne sie den Haushalt ab. Diese Aussage kommentierte Andreas Seibert (SPD) mit lautem Lachen. Dass die SPD-Mehrheitsfraktion und der Ortsbürgermeister auf der einen sowie die Opposition aus CDU und FDP auf der anderen Seite sich bei vielen Projekten im Dorf unversöhnlich gegenüberstehen, war in den vergangenen Wochen und Monaten immer wieder deutlich geworden. Dennoch hatten sich bis dahin alle auffällig bemüht, die Lunten zu den politischen Pulverfässern nicht zu zünden. Jedenfalls, bis Ralf Marohn (FDP) mit seiner Haushaltsrede genau das tat. Denn er kritisierte nicht nur die trotz höherer Steuereinnahmen stetig wachsenden Schulden, den Etat 2016 als Bruchlandung und den neuen Haushalt als erneut unausgegoren, sondern er verteilte auch viele Vorwürfe. An der ein Jahr währenden, unnötigen Auseinandersetzung mit dem Thema Schlicht sei die SPD schuld, zudem habe der Rat oder hätten Ratsmitglieder oft Aufgaben der Verwaltung erledigen müssen, zum Beispiel Verhandlungen führen. Ähnlich befürchte er bei der Kita-Erweiterung. Hier fehle es an Transparenz, und der Erste Ortsbeigeordnete Uwe Wolf (SPD) verpasse Verwaltungsangestellten Maulkörbe. Grundsätzlich fehle es Ortsspitze und SPD-Fraktion an Kompromissbereitschaft, die Opposition werde nicht fair behandelt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Haushaltsdebatte etwa eine halbe Stunde gedauert. In den folgenden eineinhalb Stunden entspann sich eine emotionale Diskussion, in der die jeweils Beschuldigten die gegen sie erhobenen Vorwürfe zurückwiesen, ihre Standpunkte rechtfertigten und wiederum Vorwürfe an die jeweils andere Seite richtete. Alles drehte sich um die bekannten Streitthemen, mit den bekannten Argumenten. Arthur Nasel hielt CDU und FDP vor, zu einem fairen Umgang gehöre auch, nicht jede demokratisch getroffene Entscheidung, die einem nicht passt, von Aufsichtsbehörden prüfen zu lassen. Gerhard Frey kreidete Marohn an, zur Schlicht falsche Angaben in der Öffentlichkeit gemacht zu haben, Jan Fischer (SPD) sprach von „Lügen verbreitet“. Am Ende verabschiedete der Rat mit den Stimmen von SPD und Ortsbürgermeister den Haushalt 2017 gegen sechs Stimmen von CDU und FDP.

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