Mutterstadt Offener Hof für Kultur und Begegnung

Ein Heimspiel für die Band: Miller’s Groove spielte am zweiten Veranstaltungstag.
Ein Heimspiel für die Band: Miller’s Groove spielte am zweiten Veranstaltungstag.

Höfe und Gärten zu lebendigen Orten des Austauschs und der Begegnung zu machen, ist ein Ansinnen des vor zwei Jahren gegründeten Vereins Hof.Kultur in Mutterstadt. Kunst, Kultur und Toleranz sollen gefördert werden. Bei der zweiten Veranstaltung des Vereins öffnete Familie Kaiser den Hof.

Nichts deutet am Hoftor von Familie Kaiser in der Speyerer Straße – oder wie im letzten Jahr von Familie Weinacht in der Schulstraße – von außen darauf hin, dass sich dahinter wahre Kleinode mit nostalgisch-urigen Scheunen und herrlichen Gärten befinden. Doch am Himmelfahrts- und am Brückenfreitag bittet die „Kulturtritsche“ von Künstlerin Edda Hensler vom Gehsteig aus, hereinzutreten zum zweitägigen Hof.Kultur-Festival.

Der Besucher wird am Sandkasten und an handgefertigten Weidenflechtwerken entlang in den Scheunenvorraum geführt. Dort filzt die siebenjährige Tabea am Freitag gerade eine Kugel in Lila. „Für eine Kette oder ein Mobile“, sagt sie. Sandra Braun von „Zauberfilz“ erklärt ihr geduldig die Technik, um sie herum eine Ausstellung ihrer nadelgefilzten Figürchen. Im Angebot hat sie auch einen Mitmachworkshop zur Herstellung von Wichteln in Tontöpfchen. Im riesigen Innenraum der Scheune präsentiert Sarah Graf vom Wollgeschäft „Peppilotta“ ihre deutsche Bio-Schafwolle und aus Jeansprodukten recycelte Baumwolle. Sie hat eine Haspel und einen Wollwickler dabei, mit deren Hilfe Knäuel entstehen. Bio-Wolle sei temperaturausgleichend, man schwitze nicht darin und könne sie gut auslüften, erklärt sie.

Mutterstadter Betriebe stellen aus

Unter Blütentüten aus handgeschöpftem Papier und Schirmen aus Pergamentpapier leitet Astrid Bartholomä von „Blumenkunst und Blütenzauberei“ Bastelwillige beim Fertigen von Drahtkörbchen als Pflanzenstecker an. Veganen Nagellack in Weinfarben und mit Weinaromen gibt es bei „Vinolac“. Die Nagellacke in kleinen schwarzen Fläschchen sind Teil des Sortiments von Palatina Cosmetica, wie auch die übrigen Aussteller allesamt Mutterstadter Kleinunternehmen.

Um 18 Uhr räumen diese das Feld, und eine Stunde später heißt es: Bühne frei für Miller’s Groove. Die siebenköpfige Mutterstadter Band mit Elke Precht (Gesang), Rainer Schneider (Schlagzeug), Heiko Schünemann (Bass), Armin Osswald (Trompete), Michael Schwan und Werner Reinmöller (beide Saxofon) sowie Claus Klapp (Piano, Gesang) – Namensgeber Dieter Müller war ausnahmsweise nicht dabei – präsentierte mit Titeln wie „Autumn Leaves“, „Night and Day“, „Watermelon Man“ oder „Valerie“ ein dreistündiges Programm aus Swing, Pop und Jazz-Standards. „Nicht eins zu eins gecovert“, wie Klapp betont, sondern „da muss auch ein bisschen die Seele von Miller’s Groove drinstecken“.

Auch kulinarisch regional

Regional auch das Essen: Saumagen- oder Grünkern-Burger mit Zwiebelchutney, dazu frischer Salat. Tags zuvor gab es einen Familiennachmittag mit Zauberer Volker Rudolph, Basteln und Kinderschminken, am Abend präsentierten die Schwetzinger Sängerin Martina Netzer und die Elsässerin Luzia Storf am Keyboard französische Chansons. Dem Thema des Kultursommers „Kompass Europa-Westwärts“ entsprechend war Kaisers Scheune passend dekoriert, und sowohl musikalisch als auch kulinarisch huldigte man mit Crêpes, Merguez, Quiche, Käseteller, Panaché und Wein dem westlichen Nachbarn.

„Unser Ziel ist eine Mischung von nie Dagewesenem gepaart mit Sachen, die es hier so gibt“, sagt Elias Weinacht vom Vorstandstrio des 15 Mitglieder starken Vereins. Kollegin Melanie Wieser freut sich: „Es ist toll zu sehen, dass die Leute Zeit mitbringen und uns wahr- und annehmen.“ Es habe viel positives Feedback gegeben. Der dritte im Bunde, Tim Kaiser, ist ebenfalls glücklich: „Ich wusste gar nicht, dass meine Scheune eine so tolle Akustik hat.“

Tina Thibodeaux plaudert im Garten angeregt mit Freunden. „Super, dass wir so was in Mutterstadt haben“, sagt sie. Was ihr besonders gefällt: „Zusammensitzen, essen und trinken, dazu Kultur und gute Musik“. Katharina Graf pflichtet ihr bei: „Und man kommt bequem mit dem Fahrrad hierher, es ist ein angenehm kleiner Rahmen und keine Massenveranstaltung.“ Das Konzept, ein buntes Programm zu bieten und Leben in Höfe und Gärten zu bringen, kam beim zweiten Hof.Kultur-Festival an, man war am Ende so gut wie ausverkauft.

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